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Geltungszeitraum von: 01.01.1984

Geltungszeitraum bis: 31.12.2006

Kirchengesetz zur Durchführung der Visitation der
Kirchengemeinden durch den Superintendenten und
den Kreissynodalvorstand in der Evangelischen Kirche
von Westfalen (Visitationsordnung – VISO)

Vom 11. November 1983

(KABl. 1983 S. 216)

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I. Wesen und Aufgaben der Visitation

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§ 1

( 1 ) Die Visitation soll dazu helfen, dass die Verkündigung der Kirche in der Kirchengemeinde dem Auftrag Christi gemäß geschieht, die Verbindung zwischen den Gemeinden und Diensten des Kirchenkreises vertieft und Zeugnis und Dienst im Kirchenkreis gefördert werden. Die Kirchengemeinde mit ihren Pfarrern, Presbytern und anderen Mitarbeitern soll in ihrem Dienst gestärkt und ermutigt werden, unter dem Angebot von Wort und Sakrament ein vielfältiges christliches Leben zu entfalten.
( 2 ) Die Visitatoren sollen darauf achten, dass die Verkündigung schriftgemäß ist, dem in der Kirchengemeinde geltenden Bekenntnis entspricht, dass sie auf die Gegenwart ausgerichtet ist und dass die Sakramente gemäß dem Bekenntnisstand der Kirchengemeinde verwaltet werden.
( 3 ) Die Visitatoren richten ihr Augenmerk auf die Seelsorge, auf das gemeindliche Leben und den Dienst der Gemeinde in der Welt. Sie rufen die Gemeinde zum Zeugnis des Glaubens und zum Dienst der Liebe auf und ermuntern sie dazu, in freiwilliger Mitarbeit dem Sendungsauftrag Christi mit den vorhandenen Kräften gehorsam zu sein. Die Gemeinde wird zur Fürbitte für den Dienst der Kirche und für die Welt aufgerufen.
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II. Grundsätze zur Durchführung einer Visitation

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§ 2

( 1 ) Gemäß Artikel 112 der Kirchenordnung1# gehört die Visitation zu den besonderen Aufgaben des Superintendenten.
( 2 ) Der Kreissynodalvorstand wirkt gemäß Artikel 106 Abs. 4 der Kirchenordnung2# bei der Visitation mit.
( 3 ) Zu seiner Unterstützung kann der Superintendent weitere Visitatoren berufen, die der Kreissynodalvorstand dazu beauftragt; dabei ist der Bekenntnisstand der zu visitierenden Kirchengemeinde zu berücksichtigen.
( 4 ) In der Kirchengemeinde, in der der Superintendent Inhaber einer Pfarrstelle ist oder in der dem Superintendenten der Dienst an Wort und Sakrament übertragen worden ist, erfolgt die Visitation durch den Assessor des Kirchenkreises.
( 5 ) Die Visitatoren sind zur Amtsverschwiegenheit verpflichtet.
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§ 3

Die Visitation soll in jeder Kirchengemeinde nach Möglichkeit alle acht Jahre stattfinden. Eine Kirchengemeinde kann um eine Visitation bitten.
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§ 4

( 1 ) Dauer und Durchführung der Visitation richten sich nach den örtlichen Gegebenheiten.
( 2 ) In Kirchengemeinden mit mehreren Pfarrstellen können Visitationen in den Pfarrbezirken stattfinden.
( 3 ) In Kirchengemeinden mit mehreren Pfarrstellen kann sich die Visitation auch schwerpunktmäßig auf die verschiedenen Bereiche kirchlicher Arbeit richten.
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§ 5

Die Kosten der Visitation trägt mit Ausnahme der Kosten für die örtlichen Veranstaltungen der Kirchenkreis.
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III. Vorbereitung der Visitation

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§ 6

( 1 ) Der Superintendent zeigt die Visitation drei Monate vor ihrem Beginn dem Presbyterium an.
( 2 ) Der Vorsitzende des Presbyteriums gibt den Mitgliedern des Presbyteriums sowie den haupt-, neben- und ehrenamtlichen Mitarbeitern der Kirchengemeinde von der geplanten Visitation Kenntnis.
In Patronatsgemeinden ist auch dem Patron die bevorstehende Visitation anzuzeigen.
( 3 ) Der Superintendent legt im Benehmen mit dem Presbyterium den Ablauf der Visitation fest.
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§ 7

Es ist wünschenswert, dass die Pfarrer, Pfarrstellenverwalter, Prediger und Pastoren im Hilfsdienst der zu visitierenden Kirchengemeinde spätestens zwei Wochen vor Beginn der Visitation die Niederschriften von zwei im letzten Vierteljahr gehaltenen Predigten und den Entwurf der Unterrichtsstunde, die bei der Visitation gehalten wird, einreichen.
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§ 8

An den beiden der Visitation vorangehenden Sonntagen wird die Gemeinde in allen Gottesdiensten auf die Visitation hingewiesen und zu den Gottesdiensten und Versammlungen eingeladen.
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IV. Visitation des gemeindlichen Lebens

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§ 9

( 1 ) Der Superintendent oder ein anderer Visitator nimmt an dem Gottesdienst teil, in welchem ein Pfarrer der zu visitierenden Kirchengemeinde predigt. Er richtet ein Grußwort an die Gemeinde. Finden in der Kirchengemeinde mehrere Gottesdienste statt, so übernehmen dort weitere Visitatoren diese Aufgabe. In einem Gottesdienst soll eine Abendmahlsfeier stattfinden.
( 2 ) Ein Visitator nimmt an einem Kindergottesdienst teil, in dem er ein Grußwort an die Kinder richtet; er besucht eine Vorbereitungsstunde des Mitarbeiterkreises für den Kindergottesdienst.
( 3 ) Am Ende der Visitation soll ein Visitator einen Gottesdienst leiten und die Predigt halten. Bei mehreren Predigtstätten wird mit dem Superintendenten vereinbart, wer die einzelnen Gottesdienste hält.
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§ 10

Der Kreiskirchenmusikwart berichtet den Visitatoren über den Stand der Kirchenmusik, des gottesdienstlichen Singens, der Chorarbeit, den Zustand der Orgel, der anderen Musikinstrumente, des Notenmaterials und der Glocken.
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§ 11

Katechumenen- und Konfirmandengruppen werden von Visitatoren besucht. Sie besprechen mit den Unterrichtenden die Durchführung des Unterrichts.
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§ 12

Die Lehrerinnen und Lehrer, die an Schulen im Bereich der Kirchengemeinde evangelische Religionslehre erteilen, werden zum Gespräch mit den Visitatoren und den Pastoren eingeladen.
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§ 13

( 1 ) Alle Gemeindegruppen sind nach Möglichkeit zu besuchen. Sie können auch zu besonderen Versammlungen eingeladen werden.
( 2 ) Zu den Besuchen sollen die zuständigen Beauftragten im Kirchenkreis hinzugezogen werden. Dabei soll auch besprochen werden, inwieweit die Arbeit im Zusammenhang mit den Diensten und kirchlichen Werken im Kirchenkreis und in der Landeskirche getan werden kann.
( 3 ) Nach Möglichkeit soll eine Besprechung der Visitatoren mit leitenden Mitgliedern der Gemeindegruppen in Gegenwart des Presbyteriums und des Gemeindebeirates gehalten werden.
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§ 14

( 1 ) Die Visitatoren informieren sich über die diakonische Arbeit in der Kirchengemeinde und besuchen nach Möglichkeit die diakonischen Einrichtungen.
( 2 ) Die Visitatoren lassen sich berichten, wie die Kirchengemeinde ihre missionarische und ökumenische Verantwortung wahrnimmt.
( 3 ) Nach Möglichkeit sollen die örtlichen Vertreter anderer christlicher Kirchen, kommunaler Behörden und gesellschaftlicher Gruppen sowie Betriebe der Wirtschaft und der Industrie besucht werden.
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§ 15

Aus Anlass der Visitation kann eine Gemeindeversammlung einberufen werden.
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V. Visitation der Leitung der Kirchengemeinde

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§ 16

( 1 ) In einer Sitzung des Presbyteriums besprechen die Visitatoren Fragen des Gemeindelebens und der Tätigkeit der Mitarbeiter. Über die Arbeit der Ausschüsse des Presbyteriums wird berichtet.
( 2 ) Gelegentlich dieser Sitzung werden der Dienst und die Amtsführung der Pfarrer und der Presbyter besprochen. Das Gespräch über den Dienst und die Amtsführung der Pfarrer, Pfarrstellenverwalter, Prediger und Pastoren im Hilfsdienst hat in deren Abwesenheit zu geschehen. Sodann folgt ein gemeinsames Gespräch.
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§ 17

Im Verlauf der Visitation führt ein Visitator ein eingehendes Gespräch mit jedem Pfarrer, Pfarrstellenverwalter, Prediger und Pastor im Hilfsdienst über seine Arbeit in der Kirchengemeinde. Ihnen soll Gelegenheit gegeben werden, ihre persönlichen Nöte und etwaige besondere Schwierigkeiten in der Kirchengemeinde vorzutragen.
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VI. Visitation der Mitarbeiter der Kirchengemeinde

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§ 18

( 1 ) Die haupt-, neben- und ehrenamtlichen Mitarbeiter der Kirchengemeinde sollen zu Mitarbeiterbesprechungen eingeladen werden. Jeder Mitarbeiter kann einzeln besucht werden.
( 2 ) Die Visitatoren sprechen mit den Mitarbeitern über Aufgaben und Schwierigkeiten ihres Dienstes.
( 3 ) Mit der Mitarbeitervertretung ist ein Gespräch zu führen.
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VII. Visitation der Verwaltung der Kirchengemeinde

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§ 19

( 1 ) Der Kirchmeister oder der Verwaltungsleiter berichten den Visitatoren über die finanzielle Situation der Kirchengemeinde und ihrer Einrichtungen, über den Zustand der kirchlichen Gebäude, der Grundstücke und des Friedhofes.
( 2 ) Ein Visitator unterrichtet sich über die Registratur der Kirchengemeinde und prüft, ob die Protokolle des Presbyteriums und die Kirchenbücher sachgemäß geführt sind.
( 3 ) Der Archivpfleger des Kirchenkreises berichtet den Visitatoren über das Archiv, dessen Bestände, Ordnung und sachgemäße Unterbringung.
( 4 ) Die Feststellungen der Visitatoren werden mit dem Vorsitzenden des Presbyteriums und dem Kirchmeister besprochen und dem Superintendenten schriftlich mitgeteilt.
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VIII. Visitationsbericht

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§ 20

( 1 ) Nach der Visitation verfasst der Superintendent einen schriftlichen Visitationsbericht; er kann dabei die weiteren Visitatoren beteiligen. Der Bericht wird dem Presbyterium zugeleitet und ist zu den Protokollen des Presbyteriums zu nehmen. Das Presbyterium kann sich zu dem Bericht äußern.
( 2 ) Der Visitationsbericht und die Äußerung des Presbyteriums sind dem Kreissynodalvorstand, dem Landeskirchenamt und dem Präses zuzuleiten. Auf Grund dieses Berichtes richtet der Präses an die Kirchengemeinde ein Schreiben, das im Gottesdienst zu verlesen ist.
( 3 ) In dem Bericht, den der Superintendent gemäß Artikel 94 Abs. 6 der Kirchenordnung 3#über die Tätigkeit und wichtigsten Ereignisse im Kirchenkreis vor der Kreissynode zu erstatten hat, finden die Visitationen eine angemessene Berücksichtigung.
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IX. Schlussbestimmungen

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§ 21

( 1 ) Dieses Kirchengesetz tritt am 1. Januar 1984 in Kraft.
( 2 ) Zu diesem Zeitpunkt tritt das Kirchengesetz über die Visitationsordnung in der Evangelischen Kirche von Westfalen vom 29. Oktober 1954 (KABl. S. 104) außer Kraft.

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1 ↑ Jetzt Artikel 115 KO (Nr 1).
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2 ↑ Nr. 1.
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3 ↑ Jetzt Artikel 95 Abs. 5 KO (Nr. 1).