.Rundschreiben Nr.6/2017 des Landeskirchenamtes:
Rundschreiben Nr.6/2017 des Landeskirchenamtes:
I. Änderungen des Arbeitsnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) zum 01.04.2017
II. Änderung im Kündigungsschutzrecht schwerbehinderter Arbeitnehmer
nach § 95 Abs. 2 SGB IX.
Vom 7. April 2017 (Az.: 300.300)
####Hiermit wird über zwei Gesetzesänderungen informiert.
zu I.:
Mit Wirkung zum 01.04.2017 treten Neuregelungen im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung in Kraft.
1. Definition Arbeitnehmerüberlassung
Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) enthält künftig in § 1 Absatz 1 Satz 2 AÜG eine Definition der Arbeitnehmerüberlassung:
„Arbeitnehmer werden zur Arbeitsleistung überlassen, wenn sie in die Arbeitsorganisation des Entleihers eingegliedert sind und seinen Weisungen unterliegen.“
Nach der Gesetzesbegründung soll die Regelung zur Abgrenzung zwischen dem Einsatz eines Arbeitnehmers als Leiharbeitnehmer im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung und als Erfüllungsgehilfe im Rahmen eines Werk- und Dienstvertrages dienen. Der bisherige Anwendungsbereich des AÜG und die Reichweite der Erlaubnispflicht sollen dadurch nicht verändert werden.
2. Überlassungshöchstdauer
Nach § 1 Absatz 1 b AÜG besteht ab dem 01.04.2017 über Überlassungshöchstdauer desselben Leiharbeitnehmers von 18 Monaten. Wird diese Überlassungshöchstdauer überschritten, so sind mehrere Sanktionen vorgesehen:
- Unwirksamkeit des Arbeitsvertrages zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer, § 9 Absatz 1 Nr. 1 b AÜG.
- Fiktion eines Arbeitsverhältnisses zum Entleiher, § 10 Absatz 1 Satz 1 AÜG.
- Geldbuße gegenüber Verleiher und Entleiher von bis zu 30.000 Euro, § 16 Absatz 1 Nr. 1 e, und Absatz 3 AÜG.
- Gefährdung der Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis des Verleihers, § 5 Absatz 1 Nr. 4, § 3 Absatz 1 Nr. 1 AÜG.
Die Fiktion eines Arbeitsverhältnisses zum Entleiher tritt jedoch nur ein, wenn nicht der Leiharbeitnehmer schriftlich bis zum Ablauf eines Monats nach Überschreiten der zulässigen Überlassungshöchstdauer gegenüber dem Verleiher oder dem Entleiher erklärt, dass er an dem Arbeitsvertrag mit dem Verleiher festhält, § 9 Absatz 1 Nr. 1 b AÜG.
Nach § 1 Absatz 1 b AÜG kann derselbe Arbeitsplatz über einen längeren Zeitraum als 18 Monate mit wechselnden Leiharbeitnehmern besetzt werden. Das Gesetz lässt damit eine Leiharbeitnehmerrotation zu.
3. Ausnahmetatbestand für juristische Personen des öffentlichen Rechts
Mi § 1 Absatz 3 Nr. 2 c wird ein neuer Ausnahmetatbestand eingeführt, mit dem weitestgehend die Nichtanwendung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes im öffentlichen Dienst bzw. zwischen öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften festgestellt wird. Der Ausnahmetatbestand des § 1 Absatz 3 Nr. 2 c AÜG heißt:
„Dieses Gesetz ist … nicht anzuwenden auf die Arbeitnehmerüberlassung … 2 c) zwischen Arbeitgebern, wenn diese juristische Personen des öffentlichen Rechts sind und Tarifverträge des öffentlichen Dienstes oder Regelungen der öffentlichrechtlichen Religionsgesellschaften anwenden, oder …“
Nach der Gesetzesbegründung sollen mit dieser Neuregelung bestehende Rechtsunsicherheiten über die Anwendbarkeit des AÜG im Bereich des öffentlichen Dienstes beseitigt werden. Personalgestellung soll weiterhin möglich bleiben. Die Personalgestellung in den im § 1 Absatz 3 Nr. 2 c AÜG beschriebenen Fällen stelle funktional eine besondere Form der Aufgabenverlagerung dar und erfolge im Bestandsschutzinteresse der von der Aufgabenverlagerung betroffenen Arbeitsnehmerinnen und Arbeitnehmer.
#zu II.:
Seit dem 30.12.2016 ist eine Änderung im Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen) zu beachten.
1. Beteiligungsrechte bei Schwerbehinderung
§ 95 Abs. 2 Satz 2 SGB IX lautet mit Wirkung vom 30.12.2016 wie folgt: „Die Kündigung eines schwerbehinderten Menschen, die der Arbeitgeber ohne eine Beteiligung nach Satz 1 ausspricht, ist unwirksam.“
Mit dem Einfügen eines neuen Satzes 2 in § 95 Abs. 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch hat der Gesetzgeber den Beteiligungsanspruch der Schwerbehindertenvertretung gestärkt.
Zwar war der Arbeitgeber schon bislang verpflichtet, die Schwerbehindertenvertretung bei allen Maßnahmen, die einen schwerbehinderten Menschen berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung zu beteiligen, indes war das Unterlassen der Beteiligung insoweit sanktionslos, als sie ohne Einfluss auf die Wirksamkeit der Kündigung blieb. Entsprechend hatte die alte Regelung auch nur wenig Aufmerksamkeit auf sich gezogen.
Zwar war der Arbeitgeber schon bislang verpflichtet, die Schwerbehindertenvertretung bei allen Maßnahmen, die einen schwerbehinderten Menschen berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung zu beteiligen, indes war das Unterlassen der Beteiligung insoweit sanktionslos, als sie ohne Einfluss auf die Wirksamkeit der Kündigung blieb. Entsprechend hatte die alte Regelung auch nur wenig Aufmerksamkeit auf sich gezogen.
Gemäß § 51 MVG.EKD übernimmt im Geltungsbereich des Mitarbeitervertretungsgesetzes die Vertrauensperson der schwerbehinderten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen die Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung nach staatlichem Recht.
2. Auswirkungen der neuen Regelung
Wir möchten Ihnen nachfolgend eine kurze Zusammenfassung über die Auswirkungen der neuen Regelung geben:
- Seit dem 30.12.2016 ist die Kündigung eines schwerbehinderten Menschen unwirksam, wenn sie ohne vorherige Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung erfolgt ist: § 95 Abs. 2 Satz 3 SGB IX n.F..
- Die Schwerbehindertenvertretung ist bei jeder Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers zu beteiligen und zwar auch dann, wenn diese nach § 90 SGB IX nicht der Zustimmung des Integrationsamts (§§ 85 ff. SGB IX) bedarf.
- Der Arbeitgeber hat die Schwerbehindertenvertretung über die bevorstehende Kündigung zu unterrichten und dieser Gelegenheit zur Erörterung zu geben.
- Der Beteiligung bedurfte es nicht, wenn der Arbeitgeber zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht kannte, diese nicht offensichtlich war und der Arbeitnehmer ihm diese auch nicht innerhalb einer Woche nach Zugang der Kündigung noch nachträglich mitteilt. Gleiches gilt, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nach einem sechsmonatigen Bestand des Arbeitsverhältnisses gefragt hatte, ob dieser schwerbehindert ist und dieser die Frage wahrheitswidrig verneinte.
- Das Beteiligungserfordernis entfällt, wenn zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung noch kein Anerkennungs- bzw. Gleichstellungsbescheid nach §§ 2 Abs. 3, § 69 SGB IX vorgelegen hat, es sei denn die Schwerbehinderteneigenschaft des Arbeitnehmers wäre offensichtlich oder der Arbeitnehmer hat wenigstens drei Wochen vor dem Zugang der Kündigung einen Antrag auf Anerkennung gestellt, dem später mit Rückwirkung entsprochen wird.
- Auf die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung finden die Fristen des § 45 MVG.EKD analoge Anwendung. Das Anhörungsrecht der Vertretung endet bei einer ordentlichen Kündigung innerhalb zwei Wochen nach Zugang der Unterrichtung. Bei einer außerordentlichen Kündigung hat sie sich gegenüber dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen zu erklären.
- Das Anhörungsverfahren nach § 95 Abs. 2 SGB IX ist vor Einreichung des Zustimmungsantrags an da Integrationsamt nach den §§ 85 ff. SGB IX durchzuführen. Wird der Antrag ohne erfolgte Anhörung gestellt, hat das Integrationsamt ihn zurückzuweisen.
- Der Arbeitgeber kann Mitarbeitervertretung und Schwerbehindertenvertretung in beliebiger Reihenfolge nacheinander, aber auch parallel zueinander anhören. Die Mitarbeitervertretung hat keinen Anspruch darauf, dass zum Zeitpunkt ihrer Anhörung bereits eine Stellungnahme der Vertretung erfolgt.