.
#
Kirchengericht: | Schlichtungsstelle nach dem MVG der Evangelischen Kirche von Westfalen (2. Kammer) |
Entscheidungsform: | Beschluss rechtskräftig |
Datum: | 16.07.2010 |
Aktenzeichen: | 2 M 2/10 |
Rechtsgrundlage: | §§ 21 Abs. 2, 38 Abs. 4, 42 Buchstabe b; § 33 Abs. 3 BAT-KF; § 55 Abs. 1 und 2 BAT-KF alt |
Vorinstanzen: | keine |
Schlagworte: | Auslauffrist, Kündigung des Arbeitsverhältnisses, Kündigungsschutz Mitarbeitervertretung, außerordentliche Kündigung, betriebsbedingte Kündigung |
Leitsatz:
Wird während eines laufenden Zustimmungsersetzungsverfahrens wegen einer betriebsbedingten Kündigung die betreffende Mitarbeiterin in die Mitarbeitervertretung gewählt, ist von der Dienststellenleitung ein erneutes Zustimmungsverfahren nach § 21 Abs. 2 MVG.EKD einzuleiten.
Tenor:
Der Antrag der Dienststellenleitung vom 29.12.2009 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin möchte von der Schlichtungsstelle die von der Mitarbeitervertretung verweigerte Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung der Mitarbeiterin Xxx ersetzt wissen.
Die Antragstellerin betreibt drei Einrichtungen der stationären Altenhilfe, die sie zum 01.01.2009 aus der Trägerschaft des Evangelischen Kirchenkreises YYY übernommen hatte. Dazu gehört das xxx, in dem Frau Xxx seit dem 20.05.1988 als Küchenleiterin arbeitet. Frau xxx ist am xxx geboren und zu 80% schwerbehindert.
Die Küche der genannten Einrichtung ist zum 01.10.2009 auf die xxx übergegangen. Die davon betroffenen Mitarbeitenden, bis auf Frau Xxx, hatten schon vorher Änderungsarbeitsverträge unterschrieben, die auf die Übernahme zugeschnitten waren. Die Änderungen betrafen insbesondere die künftigen Löhne, die auf der Basis der Tarifverträge im Hotel- und Gaststättengewerbe gezahlt werden sollten. Frau Xxx lehnte dies ab und widersprach einem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die xxx GmbH. Die Dienststellenleitung will deshalb das Arbeitsverhältnis wegen Unmöglichkeit einer Weiterbeschäftigung außerordentlich mit Auslauffrist kündigen und hat deshalb mit Schreiben vom 08.12.2009 die Mitarbeitervertretung um Zustimmung gebeten. Die Mitarbeitervertretung lehnte dies mit Schreiben vom 21.12.2009 ab. In der Zeit ab dem 01.10.2009 hat Frau Xxx mit Billigung der Xxx GmbH weiterhin die Küche geleitet und weitere hauswirtschaftliche Tätigkeiten verrichtet.
Inzwischen haben die turnusmäßigen Wahlen zur Mitarbeitervertretung stattgefunden. Frau Xxx ist nunmehr Mitglied der Mitarbeitervertretung. Sie ist von ihr zur Vorsitzenden gewählt worden.
Mit ihrem Schlichtungsantrag vom 29.12.2009 macht die Antragstellerin geltend, dass ihr nach der Übernahme der Küche im Xxx durch die Xxx GmbH eine Weiterbeschäftigung von Frau Xxx unmöglich geworden ist. Zwar habe Frau Xxx neben der Küchenleitung in kleinerem Umfang hauswirtschaftliche Arbeiten verrichtet. Hierzu habe die Dekoration und die Sorge für Sauberkeit im Eingangs- und Aussenbereich und der Altentagesstätte, die Organisation der Fensterreinigung und der Waschküche gehört. Diese Arbeiten fielen aber nur saisonal an und hätten allenfalls einen Umfang von weniger als 4 Wochenstunden. Die bisherigen Arbeiten als Küchenleitung fielen nun in die Verantwortung der Xxx GmbH, die diese im Rahmen eines Dienstleistungsvertrages erledige. Warum Frau Xxx einem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf das genannte Unternehmen widersprochen habe, sei nicht nachvollziehbar. Eine Gehaltsabschmelzung dort gebe es nur auf lange Sicht, so dass Frau Xxx eine Verschlechterung ihres Lebensstandards nicht befürchten müsse.
Die Antragstellerin beantragt, die Zustimmung der Mitarbeitervertretung zu der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist gegenüber der Mitarbeiterin Xxx zu ersetzen.
Die Mitarbeitervertretung bittet um Zurückweisung des Antrags. Sie macht geltend, dass Frau Xxx weiterhin als Küchenleitung von der Antragstellerin beschäftigt werden könne, wenn diese mit der Xxx GmbH einen Gestellungsvertrag schließe. Frau Xxx habe ein berechtigtes Interesse daran, weiterhin bei der Antragstellerin als einer diakonischen Einrichtung beschäftigt zu werden, zumal sie jetzt Verantwortung als Vorsitzende der Mitarbeitervertretung in ihrer angestammten Dienststelle trage.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze und deren Anlage Bezug genommen.
II.
- Das von der Dienststellenleitung eingeleitete Schlichtungsverfahren ist gem. § 60 Abs. 1 MVG.EKD zulässig. Denn die Beteiligten streiten darüber, ob die von der Mitarbeitervertretung verweigerten Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung von Frau Xxx zu ersetzen ist bzw. darüber, ob hinreichende Gründe für die Verweigerung der Zustimmung bestehen.
- Die Antragstellerin hat auch die Anrufungsfrist des § 38 Abs. 4 MVG.EKD gewahrt.
- Der Schlichtungsantrag der Dienststellenleitung ist jedoch nicht begründet. Er beruht nämlich auf dem Mitbestimmungsverfahren, das die Dienststellenleitung mit ihrem Schreiben vom 08.12.2009 eingeleitet hat, also zu einem Zeitpunkt, als Frau Xxx noch nicht Mitglied der Mitarbeitervertretung war. Dieses Mitbestimmungsverfahren richtete sich nach § 42 lit. b MVG.EKD, obwohl es sich um eine außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist handeln sollte. Da das Dienstverhältnis von Frau Xxx nach § 33 Abs. 3 BAT-KF neu bzw. § 55 Abs. 1 und 2 BAT-KF alt unkündbar war, kam nämlich nur noch eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grunde in Betracht. Für diese Fälle gilt nicht das Mitberatungsverfahren nach §§ 45, 46 MVG.EKD sondern das Verfahren der eingeschränkten Mitbestimmung nach § 42 lit. b (vgl. Beschluss des Kirchengerichtshofs vom 12.09.2005, ZMV 2006, 31). Die Wahl von Frau Xxx zur Mitarbeitervertretung hat jedoch dem bisherigen Mitbestimmungs- und Schlichtungsverfahren eine neue Wendung gegeben. Denn nunmehr hatte die Dienststellenleitung § 21 Abs. 2 MVG.EKD zu beachten. Sie war daher gehalten, nunmehr die Zustimmung der Mitarbeitervertretung unter dem Aspekt des besonderen Kündigungsschutzes für MAV-Mitglieder zu erwirken. Das bisherige Mitbestimmungs- und Schlichtungsverfahren hat diesen Aspekt nicht berücksichtigt. Die Dienststellenleitung war daher gehalten, ein erneutes Zustimmungsverfahren bei der Mitarbeitervertretung einzuleiten, um gegebenenfalls bei verweigerter Zustimmung die Schlichtungsstelle um Ersetzung zu bitten. Da die Dienststellenleitung bislang das nach § 21 Abs. 2 MVG.EKD erforderliche Zustimmungsverfahren nicht durchgeführt hat, steht der besondere Kündigungsschutz nach § 21 Abs. 2 MVG.EKD der Kündigungsabsicht der Dienststellenleitung entgegen. Allein schon aus diesem formalen Grund war der Schlichtungsantrag der Dienststellenleitung zurückzuweisen.