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Geltungszeitraum von: 01.07.1981

Geltungszeitraum bis: 31.03.2005

Stoffpläne
zur Prüfungsordnung
der Evangelischen Kirche von Westfalen
zur Durchführung der
Ersten und der Zweiten Theologischen Prüfung

Vom 17. September 1980

(KABl. 1980 S. 177, 1981 S. 61)
geändert durch Beschluss der Kirchenleitung vom 14. Dezember 1988 (KABl. 1989 S. 2)

Gemäß § 15 des Kirchengesetzes der Evangelischen Kirche von Westfalen zur Ausführung des Pfarrerausbildungsgesetzes der Evangelischen Kirche der Union vom 27. Oktober 1967 (KABl. S. 165) hat die Kirchenleitung am 17. September 1980 folgende Ausführungsbestimmung (Stoffpläne) erlassen:
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Stoffplan für die Erste Theologische Prüfung

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Altes Testament

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A Grundkenntnisse

  1. Kenntnis der Schriften des Alten Testaments im Überblick, vorwiegend auf Grund der Lektüre wissenschaftlicher Übersetzungen. Kenntnis der Hauptprobleme der Einleitung in das Alte Testament.
  2. Überblick über die Geschichte Israels und ihre Chronologie, Grundkenntnisse der Landeskunde Palästinas.
  3. Hebräische Sprachkenntnisse entsprechend den Anforderungen in Ziffer 4 und 5.
  4. Kenntnis folgender Schriften des Alten Testaments auf Grund exegetischer Bearbeitung des hebräischen Textes und unter angemessener Berücksichtigung der alttestamentlichen Zeitgeschichte sowie der religionsgeschichtlichen Voraussetzungen:
    1. des Pentateuch, vor allem Genesis und Exodus,
    2. eine prophetische Schrift, etwa von der Bedeutung der Bücher Jesaja, Deuterojesaja, Jeremia, Hosea oder Amos,
    3. ausgewählte Psalmen oder Psalmengruppen.
  5. Kenntnis der Hauptprobleme der Theologie des Alten Testaments.
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B Spezialkenntnisse

Entweder eine alttestamentliche Schrift (entsprechend den Vorschlägen unter A4) oder ein spezielles Thema der alttestamentlichen Wissenschaft; als Beispiele seien genannt:
die Geschichte der Prophetie, der Gottesknecht bei Deuterojesaja, das deuteronomistische Geschichtswerk.
Dazu sind religionsgeschichtliche Voraussetzungen auch anhand von Quellen zu studieren und die Einleitungsfragen der betreffenden Schrift bzw. des Themas zu berücksichtigen. Die speziellen theologischen Akzente sind in ihren Relationen und Unterschieden zu denjenigen anderer alttestamentlicher Schriften herauszuarbeiten. Hier ist auch der Ort, besondere Kenntnisse der Theologie des Alten Testaments sowie Vertrautheit mit hermeneutischen Problemen nachzuweisen.
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Neues Testament

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A Grundkenntnisse

  1. Kenntnis der Schriften des Neuen Testaments nach Inhalt und Gliederung.
  2. Kenntnis der Hauptprobleme der Einleitung in das Neue Testament.
  3. Griechische Sprachkenntnisse entsprechend den Anforderungen in Ziffer 4 und 5.
  4. Kenntnis folgender Schriften des Neuen Testaments auf Grund exegetischer Bearbeitung des griechischen Textes und unter Berücksichtigung der Geschichte des Urchristentums, der neutestamentlichen Zeitgeschichte sowie religionsgeschichtlicher Voraussetzungen:
    1. ein synoptisches Evangelium unter Berücksichtigung der Grundzüge dessynoptischen Vergleichs,
    2. das Johannes-Evangelium,
    3. aus den folgenden Paulusbriefen zwei:
      1. Thessalonicherbrief, Galaterbrief, Philipperbrief, 1./2. Korintherbrief, Römerbrief,
    4. zwei weitere neutestamentliche Schriften.
  5. Kenntnis der Hauptprobleme der Theologie des Neuen Testaments.
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B Spezialkenntnisse

Entweder eine neutestamentliche Schrift (entsprechend den Vorschlägen unter A4)
oder
ein spezielles Thema der neutestamentlichen Wissenschaft; als Beispiele seien genannt:
Christologie, Eschatologie, Eschatologie und Ethik, Abendmahl, Taufe, Rechtfertigung, Historischer Jesus, Auferstehung, Ekklesiologie; Jesus und
Paulus, Frühkatholizismus, Das Alte Testament im Neuen Testament, Alter und Neuer Bund, Gesetzesverständnis.
Die Spezialgebiete sind in einem umfassenden Horizont zu erarbeiten. Dazu gehören u.a.
religionsgeschichtliche Quellen, Einleitungsfragen, Gemeinsamkeiten und Unterschiede innerhalb des Neuen Testaments, Probleme der Hermeneutik, Kenntnis des Diskussionsstandes.
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Kirchen- und Theologiegeschichte

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A Grundkenntnisse

  1. Kenntnis der Grundzüge der Kirchen- und Theologiegeschichte mit den bestimmenden Ereignissen und den wichtigen Daten als Orientierungspunkten und den zentralen Problemstellungen der Epochen.
    Damit ist vor allem an folgende Themen gedacht:
    die Geschichte der alten Kirche bis Augustin, Entstehung der altkirchlichen Dogmen, die Kirche im frühen Mittelalter bis zum Ausgang der Karolingerzeit, Investiturstreit, Scholastik, Reformation, Pietismus und Aufklärung, 19. Jahrhundert, 20. Jahrhundert.
  2. Kenntnis eines der Hauptthemen der Kirchen- und Theologiegeschichte in einem Längsschnitt, wobei das Grundwissen an diesem Längsschnitt zu orientieren ist. Auswahlweise Kenntnis der Behandlung dieses Themas in der römisch-katholischen Kirche, den orthodoxen, anglikanischen und protestantischen Kirchen sowie in der ökumenischen Diskussion der Gegenwart.
    Als Beispiele seien genannt:
    Staat und Kirche, Geschichte des Papsttums, Konzilsgeschichte, Geschichte des Mönchtums, Ketzergeschichte, Missionsgeschichte, Geschichte der Christologie oder der Rechtfertigungslehre, des Kirchenbegriffs, der Sakramentslehre, der Eschatologie.
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B Spezialkenntnisse

Entweder ein begrenztes Thema aus einer der unter A 1 genannten Epochen (Querschnitt) oder
der Vergleich verschiedener Epochen hinsichtlich eines der Hauptthemen der Kirchen- und Theologiegeschichte, wie sie unter A 2 genannt sind (Längsschnitt).
In jedem Falle wird die Lektüre von zwei exemplarischen Quellenschriften und die Beschäftigung mit ausgewählter historischer Sekundärliteratur vorausgesetzt.
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Systematische Theologie

In der Systematischen Theologie soll Rechenschaft abgelegt werden über die Fähigkeit, unter Berücksichtigung biblisch-theologischer Grundlegungen und der dogmatischen Tradition gegenwärtige Probleme zu verstehen und zu verarbeiten. Wegen ihrer unterschiedlichen Methoden und Probleme werden innerhalb der Systematischen Theologie Dogmatik und Ethik jeweils in eigenen Prüfungsgängen geprüft. Auch wenn Dogmatik und Ethik getrennt geprüft werden, muss die Zusammengehörigkeit beider berücksichtigt werden.
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I. Dogmatik

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A Grundkenntnisse

  1. Kenntnis der Grundzüge christlicher Dogmatik, vor allem reformatorischer Theologie und ihrer Wirkungsgeschichte in den lutherischen und reformierten Bekenntnisschriften, in der altprotestantischen Orthodoxie wie im Pietismus und der Erweckungsbewegung (Kenntnis ihrer Grundbegriffe).
  2. Überblick über die zentralen Fragestellungen der gegenwärtigen systematischen Diskussion.
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B Spezialkenntnisse

  1. Dem Prüfling wird Gelegenheit gegeben nachzuweisen, dass er einen dogmatischen Entwurf seit der Aufklärung und dem Aufkommen des Neuprotestantismus bearbeitet hat, seine charakteristischen Unterschiede gegenüber einem anderen Entwurf kennt und seinen Gegenwartsbezug selbstständig zu beurteilen vermag und dass er
  2. Im Rahmen eines gegenwärtig besonders bedeutsamen dogmatischen Problems selbstständig denken und verschiedene Lehrmeinungen hinsichtlich ihrer biblischen Begründung und ihrer methodischen Voraussetzungen (gegebenenfalls auch ihrer philosophischen Implikationen) beurteilen kann.
    Als Beispiele seien genannt:
    die Frage nach der Existenz Gottes, Probleme der Christologie, Geschichtlichkeit und Verbindlichkeit der Schrift, das Verhältnis christlicher Eschatologie zu gegenwärtigen Formen der Zukunftserwartung.
  3. Fundamentaltheologische Probleme und die Verhältnisbestimmung von Problemen der Dogmatik zur Philosophie in Anknüpfung an 1 und 2.
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II. Ethik

In der Ethik werden Kenntnisse, methodisches Können und Urteilsvermögen erwartet, die den Prüfling befähigen, auf Grund biblischer Exegese und kirchlicher Lehrtraditionen in kritischer Verbindung mit philosophisch-ethischen und sozialwissenschaftlichen Fragestellungen deutlich zu machen, wie methodisch begründete Urteile theologischer Ethik heute gefunden werden.
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A Grundkenntnisse

  1. Kenntnis der wichtigsten methodischen Ansätze und Begriffe der gegenwärtigen Ethik (wie z.B. formale Ethik, materiale Ethik, Situationsethik, Prinzipienethik, Gesinnungsethik, Verantwortungsethik).
  2. Kenntnis eines wichtigen theologisch-ethischen Entwurfes aus dem 18. – 20. Jahrhundert (auf Grund der Lektüre einer wesentlichen Schrift) und seine Zuordnung zur Theologie- und Geistesgeschichte.
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B Spezialkenntnisse

Hier wird dem Prüfling Gelegenheit gegeben nachzuweisen, dass er während seines Studiums ein ethisches Problem der Gegenwart bearbeitet hat, entweder mehr unter dem Aspekt der so genannten Ethik der Person oder mehr unter dem Aspekt der so genannten Sozialethik.
Dabei soll er das methodische Problem erörtern können, ob und wie die Bezugnahme auf christliche Tradition und Erkenntnisse heutiger Wissenschaften in einem theologischen Urteil zu verbinden sind.
Als Beispiel seien genannt:
Familie, Ehe, Probleme der Sexualethik, theologisches und philosophisches Verständnis des Gewissens, Selbstmord, Eid, Eigentum, politischer Gehorsam und Widerstand, Verständnis der Arbeit und des Berufs, Probleme der Entwicklungshilfe, Frieden und Gerechtigkeit.
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Praktische Theologie

In der Praktischen Theologie werden Kenntnisse, methodisches Können und Urteilsvermögen erwartet, die den Prüfling auf Grund seiner gesamten theologischen Bildung befähigen, kirchliches Handeln zu reflektieren, zu planen und zu praktizieren.
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A Grundkenntnisse

Kenntnis der Hauptprobleme in den Unterdisziplinen der Praktischen Theologie (Homiletik, Religionspädagogik/Katechetik, Seelsorge, Liturgik, Rechts- und Sozialgestalt der Kirche), eventuell anhand eines Grundrisses der Praktischen Theologie oder einer Monografie aus jeder Unterdisziplin. Übersicht über die wichtigsten Hilfsmittel, die Information und Weiterarbeit an diesen Hauptproblemen ermöglichen.
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B Spezialkenntnisse

Bearbeitung eines gegenwärtig wichtigen Problems aus einer der Unterdisziplinen der Praktischen Theologie und Zuordnung desselben zu anderen Hauptproblemen in der betreffenden Teildisziplin der Praktischen Theologie und sachverwandten Wissenschaften. Der gewählte Problembereich muss so beschaffen sein, dass im Speziellen Allgemeineres sichtbar gemacht werden kann.
Aus diesen Unterdisziplinen seien folgende Beispiele für Themenbereiche genannt:
  1. Homiletik
    1. Homiletische Theorien,
    2. größere Abschnitte aus der Geschichte der Predigt,
    3. die Bedeutung des Textes für die Predigt,
    4. die Predigt als rhetorisches Problem,
    5. Hermeneutik und Homiletik.
  2. Religionspädagogik/Katechetik
    1. Methoden, Sozialformen und Medien im Religionsunterricht,
    2. größere Abschnitte aus der Geschichte des Kirchlichen Unterrichts,
    3. Grundfragen der Didaktik des Religionsunterrichts (oder des Kirchlichen Unterrichts),
    4. Kirchliche Erwachsenenbildung,
    5. Kirchliche Sozialisation des Kindes und Jugendlichen.
  3. Seelsorge
    1. Seelsorgetheorien,
    2. Seelsorge und Humanwissenschaften,
    3. Seelsorge bei Amtshandlungen,
    4. Seelsorge an Jugendlichen,
    5. Theorien des seelsorgerlichen Gesprächs.
  4. Liturgik
    1. Größere Abschnitte aus der Geschichte des Gottesdienstes,
    2. gottesdienstliche Reformbewegungen,
    3. Analyse moderner Gottesdienstformen,
    4. Hymnologie.
  5. Rechts- und Sozialgestalt der Kirche
    1. Kirchenrechtstheorien,
    2. Kirche als Institution,
    3. Gemeindeaufbau,
    4. Jugendarbeit.
  6. Übergreifende Themenbereiche
    1. Diakonie,
    2. Bestattung,
    3. Konfirmation,
    4. Kindergottesdienst.
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Bibelkunde

In der Prüfung werden Kenntnisse vom Aufbau und Inhalt der biblischen Bücher erwartet.
Im Neuen Testament soll eine Kapitelübersicht (ohne versweise Untergliederung) gegeben werden können. Dasselbe gilt für die zentralen Bücher des Alten Testaments (vgl. Stoffplan zum Alten Testament, Abschnitt A 4). Für die übrigen Bücher des Alten Testaments ist im Allgemeinen die Kenntnis von Kapitelgruppen ausreichend.
Die Prüfung kann sich auch auf Querschnittswissen beziehen (z.B. Schöpfung, Bund, Abendmahlsworte, Auferstehung).
Wichtige Bibelabschnitte sollen nach eigener Wahl auswendig gelernt werden. Solche Abschnitte könnten sein: Psalmen 1, 23, 90, 103, 121, 130; Jesaja 9, 1 – 6; Jesaja 52, 13 ff; Matthäus 5, 3 – 16; Ich-bin-Worte im Johannes-Evangelium;1. Korinther 11, 23 – 26; Römer 1, 16 – 17; Römer 3, 28; Römer 8, 31 – 39;1. Korinther 13.
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Philosophie

Begriffssprache und Methodik theologischer Arbeit können ohne Rückgriff auf Philosophie nicht angeeignet werden.
Die Einheit der Theologie in ihrer Aufgliederung in Disziplinen kann ohne Vertrautheit mit der philosophischen Überlieferung nicht verstanden werden.
Da auch die Fachwissenschaften, mit denen der Theologe zu tun hat, in ihren Grundbegriffen philosophisch in Frage zu stellen sind, ist die Philosophie in der Verbindung ihrer abendländischen Geschichte mit gegenwärtigem Denken zu studieren.
In der Prüfung wird erwartet,
entweder die Interpretation eines vom Prüfling gewählten klassischen Werkes der Philosophie und seine Ortsbestimmung in der philosophischen Tradition. Als Beispiele seien genannt: eines der grundlegenden Werke von Platon, Aristoteles, Thomas von Aquin, Descartes, Leibniz, Kant, Hegel, Heidegger;
oder die Behandlung eines wichtigen philosophischen Problems der Gegenwart nach Wahl. Als Beispiele seien genannt: das hermeneutische Problem in der Philosophie, die Theoriebildung in der Sozialwissenschaft, das Gewissen als Problem der philosophischen Ethik, das Verhältnis von Umgangssprache und von religiöser und wissenschaftlicher Sprache.
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Pädagogik

In der Prüfung in Pädagogik soll festgestellt werden, dass Grundprobleme und Grundfragen der Pädagogik verstanden und verarbeitet worden sind. Das soll an einem Spezialgebiet exemplarisch verdeutlicht werden.
In der Prüfung wird erwartet,
entweder Kenntnis und Beurteilung einer (Teil-) Disziplin der Pädagogik (zum Beispiel: allgemeine Pädagogik, Didaktik und Methodik);
oder die Kenntnis und Beurteilung einer Schulrichtung der Pädagogik (zum Beispiel: hermeneutische, philosophische Pädagogik);
oder die Kenntnis und Beurteilung eines Pädagogen (zum Beispiel: Comenius, Pestalozzi, Herbart, Dilthey, Maria Montessori, Spranger, Roth, Klafki);
oder die Kenntnis und Beurteilung eines Spezialgebietes (zum Beispiel: Sozialpädagogik, Sonderpädagogik, Erwachsenenbildung).
Religionspädagogik, Gemeindepädagogik und Kirchlicher Unterricht können nicht gewählt werden.
Bei der Wahl der Themen ist darauf zu achten, dass sie sich von den Fächern Psychologie, Philosophie und Soziologie deutlich abgrenzen lassen.
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Psychologie

In der Prüfung in Psychologie soll festgestellt werden, dass die Psychologie als empirische Wissenschaft vom Verhalten und Erleben des Individuums einschließlich der angewandten Methoden in ihren Grundzügen verstanden worden ist.
In der Prüfung wird erwartet,
entweder die Beschäftigung mit einer wichtigen Schulrichtung der Psychologie (zum Beispiel: Gestalt-(Ganzheits-), Verhaltens-, Tiefenpsychologie);
oder die Beschäftigung mit einem wichtigen Teilgebiet der Psychologie (zum Beispiel: Entwicklungs-, Sozial-, Sprach-, Sexual-, Persönlichkeits-(differenzielle), Religionspsychologie);
oder die Beschäftigung mit einem Zweig angewandter Psychologie (zum Beispiel: Gesprächspsychologie, Gruppendynamik, Erziehungs-, Lern-, Arbeitspsychologie);
oder die Behandlung einer besonders thematisierten Fragestellung in der Psychologie der Gegenwart (zum Beispiel: Leib-Seele-Problem, Anlage und Umwelt, Individualität und Sozialität, Verhältnis und Bedeutung der Geschlechterrollen, Aggressivität).
Bezüglich des Spezialgebietes sollen nicht nur empirische Sachverhalte, sondern auch seine Bedeutung für Theologie und Kirche reflektiert und dargestellt werden.
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Soziologie

In der Prüfung soll gezeigt und begründet werden, wie unsere gesellschaftliche Wirklichkeit als Gesamtheit oder in einzelnen Teilbereichen mithilfe soziologischer Theorien und Forschungsergebnisse analysiert und wie eine solche soziologische Analyse für die systematisch-theologische Reflexion oder das praktische kirchliche Handeln fruchtbar gemacht werden kann.
In der Prüfung wird erwartet,
entweder genauere Kenntnisse in der Gesellschaftstheorie (zum Beispiel: Kritische Theorie, Funktionale Theorie, Interaktionismus, Klassenbegriff);
oder genauere Kenntnisse in der speziellen Soziologie (zum Beispiel: Industrie- und Betriebssoziologie, Familiensoziologie, Soziologie der Freizeit);
oder Kenntnisse in den Methoden der empirischen Sozialforschung, gegebenenfalls unter dem Gesichtspunkt ihrer praktischen Anwendbarkeit im kirchlichen Leben;
oder spezielle Kenntnisse in der Religionssoziologie (zum Beispiel: Durkheim, Weber, Luckmann, Luhmann);
oder Kenntnisse in der Kirchensoziologie (zum Beispiel: Volkskirche, Gemeindestruktur, Amtshandlungen, Pfarrer, Gottesdienst).
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Stoffplan für die zweite Theologische Prüfung

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Biblische Theologie

Die Prüfung in Biblischer Theologie soll erweisen, dass der Prüfling sein im Studium erworbenes historisches, exegetisches und theologisches Wissen im Alten und Neuen Testament im Vorbereitungsdienst insbesondere im Umgang mit der Bibel in der kirchlichen Praxis erweitert und vertieft hat. Seinen eigenen Zugang zur Heiligen Schrift als ganzer soll er theologisch begründen können.
Im Zusammenhang mit der Übersetzung und Exegese eines Abschnittes aus dem Alten oder Neuen Testament soll das Prüfungsgespräch, das mit je einem Prüfer aus den Fachgebieten Altes und Neues Testament geführt wird, einen für die pfarramtliche und kirchliche Praxis wichtigen biblisch-theologischen Fragenkreis aufgreifen. Dafür sind Themen zu wählen, an denen der Zusammenhang beider Testamente sichtbar werden kann. Der Prüfling kann die Behandlung eines Themas eigener Wahl wünschen, das dann in angemessenem Umfang zur Sprache kommen muss. Im Ermessen der Prüfer steht, ob mit dem Alten oder Neuen Testament begonnen wird.
Die Themen können
einen für beide Testamente konstitutiven theologischen oder anthropologischen Grundaspekt umfassen (Beispiel: Gesetz, Rechtfertigung, Bund, Ekklesiologie, Christologie/Messianologie, Eschatologie, Heilsgeschichte, Glaube, Krankheit, Tod, Sünde, Ehe),
sich auf in beiden Testamenten begründete Handlungsfelder der Kirche beziehen (Beispiele: Amt, Gemeinde),
gesamtbiblische Formzusammenhänge in den Blick nehmen (Beispiele: Gebete, Gleichnisse)
oder ethische Aspekte behandeln (Beispiele: Schöpfungsverantwortung; das Problem des ‚Nächsten‘).
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Systematische Theologie (Dogmatik und Ethik)

Die Prüfung in Systematischer Theologie soll erweisen, dass der Prüfling sein Grundwissen, Problembewusstsein und methodisches Können in Bezug auf Lehre und Leben der Kirche vertieft und erweitert hat.
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A Grundkenntnisse

Das Gespräch über ein Thema aus dem Bereich der dogmatischen, fundamentaltheologischen und ethischen Diskussion der Gegenwart soll die Urteilsfähigkeit des Prüflings erweisen.
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B Spezialkenntnisse

Außer dem gestellten Thema kann der Prüfling die Behandlung eines systematisch-theologischen Themas eigener Wahl wünschen, das er hinsichtlich seiner biblischen, bekenntnisbezogenen Grundlegung, seines aktuellen kirchlichen Bezuges und seiner heutigen Außenkonfrontation bedacht hat und dialogisch einbringt. Dieses Thema eigener Wahl kann auch dazu dienen, die im Vorbereitungsdienst gewonnene eigene theologische Position im systematischen Zusammenhang darzustellen und zu vertreten.
Die folgenden Orientierungsfelder sollen die Themenfindung erleichtern: die Gottesfrage im Säkularismus, Schöpfungsglaube und Ökologie, heutige hermeneutische Fragestellungen, Christusoffenbarung und Wirklichkeitsverständnis, Pneumatologie und Geschichte, trinitarische Grundlegung heutiger dogmatischer und ethischer Konzeptionen.
Begründungsprobleme der politischen, ökumenischen und Sozialethik sowie der Personethik im biblischen, dogmengeschichtlichen, philosophischen und ideologischen Kontext, Beziehung und Abgrenzung christlicher und außerchristlicher ethischer Ansätze und Vollzüge, kritische Zuordnung und Beurteilung anthropologischer Tendenzen in Fremdreligionen und vorherrschenden Orientierungsmustern der Gesellschaft, Wertkonsensus bzw. -divergenz und Verlässlichkeit gesellschaftlichen Zusammenlebens, Hauptprobleme der Identitätskrise in Erziehung und Lebensorientierung.
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Neuere Kirchengeschichte unter Einschluss der Territorialkirchengeschichte

Die Prüfung im Fach Kirchengeschichte soll zeigen, dass der Prüfling Verlauf und Probleme der neueren Kirchengeschichte ab 1789 überblickt und an einem von ihm selbst gewählten Beispiel erläutern sowie für gegenwärtige Fragestellungen im Gemeindealltag auswerten kann. Außerdem soll die Beschäftigung mit der Geschichte der eigenen Landeskirche an einem wesentlichen Problemfeld zur Sprache kommen.
Erwartet werden:
  1. Kenntnis der Entwicklungen und Tendenzen in der neueren Kirchengeschichte seit der Französischen Revolution (zum Beispiel: der Kulturkampf)
  2. und Kenntnis der westfälischen Kirchengeschichte seit der Reformation (zum Beispiel: die Einführung der Union in Westfalen);
  3. außerdem: Behandlung eines Themas eigener Wahl im Rahmen der unter a und b genannten Zeitabschnitte.
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Gottesdienst und Verkündigung

Im Prüfungsfach werden Kenntnisse und Beurteilungsvermögen erwartet, die befähigen, den Gottesdienst und die Verkündigung in Verantwortung vor dem biblischen Zeugnis und der Lehre der Kirche gegenwartsbezogen auszurichten.
Themenbereiche:
Grundfragen der Liturgik (Lehre vom Gottesdienst, Überblick über die Geschichte des Gottesdienstes, Ritual und Symbol, Bemühungen um die Reform des Gottesdienstes, Amtshandlungen), Gottesdienstpraxis (zum Beispiel: Einübung in den Gottesdienst, Gottesdienste in neuer Gestalt, gottesdienstliches Beten),
Kenntnis der Agende,
Kenntnis des Gesangbuchs,
Grundfragen der Homiletik (Definitionen und Kriterien der Predigt, Überblick über die Geschichte der Predigt, das Verhältnis von biblischem Zeugnis und Predigt, Gesetz und Evangelium in der Predigt, die Predigt bei Amtshandlungen und bei besonderem Anlass),
Predigtpraxis (zum Beispiel: Vorbereitung der Predigt, Sprache der Predigt, Aktualität der Predigt, Glaubwürdigkeit der Predigt),
Kenntnis eines Lehrbuchs der Homiletik.
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Gemeindeaufbau und Diakonie

Im Prüfungsfach werden Kenntnisse und Beurteilungsvermögen erwartet, die befähigen, kirchliche Arbeit vor allem in der Gemeinde zu planen, durchzuführen und auszuwerten sowie ihre Geschichte, Konzeptionen und Verwirklichungen darzustellen und zu beurteilen.
Themenbereiche:
Konzeptionen des Gemeindeaufbaus (zum Beispiel: überschaubare Gemeinde, gegliederte Gesamtgemeinde, missionarische Gemeinde),
Geschichte, Konzeption und Gestaltung einzelner gemeindlicher Arbeitsfelder (zum Beispiel: Frauenarbeit, Männerarbeit, Kinder- und Jugendarbeit, Altenarbeit, Erwachsenenbildung, Kindergottesdienst, Kindergarten),
Geschichte und Auftrag der Diakonie (zum Beispiel: Gemeindediakonie, Diakonische Anstalten in der Evangelischen Kirche von Westfalen, Ökumenische Diakonie),
Geschichte, Konzeption und Gestaltung einzelner diakonischer Arbeitsfelder (zum Beispiel: Nichtsesshafte, Suchtkranke, Behinderte, Umsiedler, Straffällige),
der Umgang der Gemeinde mit der Bibel (Bibelstunde, Bibelwoche, Bibelarbeit, Bibellese),
der Dienst der Gemeinde in der Welt (zum Beispiel: Volksmission und Evangelisation, Industrie- und Sozialarbeit, Urlauber- und Kurseelsorge, Gemeinwesenarbeit), der ehrenamtliche Mitarbeiter in Gemeinde und Diakonie, Ausbildung und Begleitung,
Öffentlichkeitsarbeit und Gemeindepublizistik,
die Rolle des Pfarrers in Gemeindeaufbau und Diakonie.
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Unterricht, Bildung, Erziehung

Die Prüfung soll aufweisen, ob und in welchem Maße der Prüfling seine Kenntnisse und Erkenntnisse in dieser Disziplin erweitert und vertieft hat, und zeigen, dass er in der Lage ist, sie auf die Praxis anzuwenden und von daher zu reflektieren.
Die Prüfung erstreckt sich auf folgende Bereiche:
  1. Allgemeine Pädagogik (Erziehungswissenschaft),
  2. Kirchlicher Unterricht (Katechetik),
  3. Religionsunterricht (Religionspädagogik),
  4. Schul- und Bildungswesen.
Der Prüfling kann einen der vier Bereiche als Wahlbereich bestimmen, der in angemessenem Maße zur Sprache kommen muss.
Für die einzelnen Bereiche sollen folgende Empfehlungen möglichst berücksichtigt werden:
  1. Allgemeine Pädagogik (Erziehungswissenschaft) In diesem Bereich sollen besonders didaktische und methodische Probleme zur Sprache kommen (vergleiche dazu auch den Stoffplan für die Erste Theologische Prüfung zum Fach Pädagogik).
  2. Kirchlicher Unterricht
    In diesem Bereich sollen unter anderem besonders berücksichtigt werden:
    die theologischen, didaktischen und methodischen Probleme des Kirchlichen Unterrichts, die Ordnung des Kirchlichen Unterrichts in der Evangelischen Kirche von Westfalen, die Katechismen, ein Lehrplan für den Kirchlichen Unterricht, Lehr- und Lernmittel, Alternativmodelle und -konzeptionen, das “konfirmierende Handeln” der Kirche, Kirchlicher Unterricht und Gemeindeaufbau.
  3. Religionsunterricht (Religionspädagogik)
    In diesem Bereich sollen unter anderem besonders berücksichtigt werden:
    die theologischen, didaktischen, methodischen und rechtlichen Probleme des Religionsunterrichts (dargestellt an einer Schulform oder an einer Schulstufe), Lehrpläne, Lern- und Lehrmittel, unterschiedliche Modelle und Konzeptionen, das Verhältnis von Religionsunterricht und Kirchlichem Unterricht.
  4. Schul- und Bildungswesen
    In diesem Bereich sollen unter anderem behandelt werden:
    bildungspolitische Fragen, Aufbau und Funktion des Schul- und Bildungswesens, Spezialbereiche (zum Beispiel: Sonderschulen oder das berufsbildende Schulwesen, das private Schulwesen), Schulabschlüsse und Beschäftigungsstruktur.
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Seelsorge und Beratung

Der Prüfling soll in der Prüfung zeigen, ob er die im Vorbereitungsdienst auf einem bestimmten Praxisfeld erworbenen ersten seelsorgerlichen Erfahrungen auch theologisch durchzureflektieren in der Lage ist unter besonderer Berücksichtigung gegenwärtiger Seelsorgetheorien. Der Kandidat kann ein besonderes Praxisfeld auswählen (vgl. B a-d).
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A Grundkenntnisse
(Theorien der Seelsorge und Beratung)

  1. Grundfragen der Lehre von der Seelsorge,
  2. (Der Begriff der Seelsorge, das Ziel der Seelsorge, Verhältnis von Verkündigung und Seelsorge und von Beratung und Seelsorge, die Bedeutung von
  3. Gesetz und Evangelium in der Seelsorge, Rechtfertigung und Annahme in der Seelsorge, Beichte und Absolution in der Seelsorge, Amt und Seelsorge u.a.)
  4. die Kenntnis einer Seelsorgekonzeption,
  5. das Verhältnis von Seelsorge und Humanwissenschaften, (Seelsorge und Psychotherapie, Seelsorge und Medizin, Seelsorge und Verhaltensforschung, Seelsorge und Psychologie, Seelsorge und Soziologie, Seelsorge und Politologie, Seelsorge und Pädagogik u.a.),
  6. Theorien des seelsorgerlichen Gesprächs,
  7. Theorien über Gruppenprozesse (Gruppendynamik, Selbsterfahrungsgruppe u.a.).
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B Spezialkenntnisse
(im Praxisfeld der Seelsorge und Beratung)

  1. Seelsorge bei Amtshandlungen (Taufe, Trauung, Beerdigung),
  2. Seelsorge und Beratung für bestimmte Altersgruppen (Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene, Erwachsene in der Mitte des Lebens, alte Menschen),
  3. Seelsorge und Beratung in Krisensituationen (Ehe- und Erziehungsprobleme, Krankheit, Suizidgefährdung, Depressionen, Leistungsdruck, Arbeitslosigkeit usw.),
  4. Möglichkeiten und Grenzen von Gruppen- und Einzelseelsorge für bestimmte Berufsgruppen und Verantwortungsträger (Landwirtschaft, Industrie, Behörden und Verwaltungen, Mandatsträger usw.).
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Ökumene, Weltmission, Konfessionskunde

Die Ökumenische Bewegung hat die getrennten christlichen Kirchen enger zusammengeführt. Sie hat den Blick für die Einheit in der Vielfalt geöffnet. Sie hat zugleich die Aufspaltung der Christenheit in eine Vielzahl von Konfessionen und Denominationen als Mangel und Gefahr erscheinen lassen. In dem Prüfungsfach “Ökumene, Weltmission, Konfessionskunde” soll praxisbezogen Rechenschaft abgelegt werden über die Kenntnisse und die Urteilsfähigkeit in diesem Bereich.
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A Grundkenntnisse

Geschichte der Ökumenischen Bewegung,
der gegenwärtige Stand der Ökumenischen Bewegung,
Geschichte der Weltmission,
Arbeitsfelder der Weltmission heute,
Lehre und Leben der christlichen Kirchen,
Lehre und Leben christlicher Sekten.
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B Spezialkenntnisse

Der Prüfling kann für den ersten Teil der Prüfung ein Thema benennen, in dessen Bereich er besondere Kenntnisse besitzt. Dabei wird es sich in der Regel um ein begrenztes Thema aus einem der unter A genannten Bereiche, im Ausnahmefall um ein Thema aus dem Bereich der Religionsgeschichte handeln.
Als Beispiel seien genannt:
die Entwicklung der Ökumenischen Bewegung seit der 4. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen,
die römisch-katholische Lehre von Kirche und Amt,
die Neuapostolische Kirche,
die Heilserwartung des Islam.
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Kirchenrecht und kirchliche Verwaltung

Die Prüfung dient der Feststellung, ob Verständnis für die Grundlagen und Aufgaben sowie Kenntnisse in den Grundzügen des Kirchenrechts und der kirchlichen Verwaltung erworben worden sind.
Die Prüfung kann sich auf folgende Gebiete erstrecken:
Rechtliche Reflexion kirchlichen Handelns,
kirchliches Verfassungsrecht (Kirchenordnung, Aufgaben und Struktur der Leitungsorgane, Rechtsentwicklung der Landeskirchen),
Staatskirchenrecht im Gegenwartsbezug,
Schwerpunktbereiche des Dienstrechts (Vikare, Pastoren im Hilfsdienst, Pfarrer), Grundzüge des Arbeitsrechts,
Auftrag und Aufbau der kirchlichen Verwaltung (speziell: pfarramtlicher Dienst und Verwaltung),
das kirchliche Vermögen,
Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen,
einige Grundzüge des Bürgerlichen Rechts (Subjekte und Objekte des Rechtsverkehrs, Rechtsgeschäfte, Vertragsrecht, Liegenschaftsrecht).
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Schlussbestimmungen

Die Stoffpläne treten zusammen mit der Prüfungsordnung der Evangelischen Kirche von Westfalen zur Durchführung der Ersten und der Zweiten Theologischen Prüfung am 1. Juli 1981 in Kraft1#.
Im übrigen gilt § 38 Abs. 2 der Prüfungsordnung entsprechend.

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1 ↑ Die Vorschrift betrifft das Inkrafttreten dieser Ausführungsbestimmung in ihrer ursprünglichen Fassung.