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Kirchengericht:Verwaltungskammer der Evangelischen Kirche von Westfalen
Entscheidungsform:Urteil (nicht rechtskräftig – siehe Urteil VGH 2/00)
Datum:12.11.1999
Aktenzeichen:VK 6/98
Rechtsgrundlage:PfDG §§ 49, 50
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:Abberufung, Pfarramt, Amtsführung, Verhalten (pflichtwidriges)
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Die zweitinstanzliche Entscheidung lässt sich online über den Link VGH 2/00 aufrufen.
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Leitsatz:

  1. Eine gedeihliche Führung des Pfarramtes ist der Pfarrerin oder dem Pfarrer u. a. dann unmöglich, wenn sich eine Gemeinde derart entzweit hat, dass sie in die gegnerische Gruppen zerfallen ist, deren eine sich außer Stande sieht, den Dienst der Pfarrerin oder des Pfarrers anzunehmen.
  2. Ein pflichtwidriges Verhalten der Pfarrerin oder des Pfarrers ist nicht Voraussetzung für die Abberufung mangels gedeihlichen Wirkens.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
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Tatbestand:

Der heute 44 Jahre alte Kläger (Kl.) wurde nach Ablegung der Ersten Theologischen Prüfung erstmals am … 1980 als Vikar in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis zur Beklagten (Bekl.) berufen. Am … 1983 legte er die Zweite Theologische Prüfung ab und wurde am … 1984 in D. ordiniert. Zunächst (ab 1. April 1983) als Pastor im Hilfsdienst in der Evangelischen Kirchengemeinde D. tätig, trat er dort am 30. Juni 1985 in die Rechte der 5. Pfarrstelle ein. Er ist verheiratet und hat 5 Kinder.
Am 29. August 1996 beschloss das Presbyterium der Kirchengemeinde, den Antrag zu stellen, den Kl. nach § 49 Abs. 1b Pfarrerdienstgesetz (PfDG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Mai 1991 abzuberufen. Auf Aufforderung des Kreissynodalvorstandes des Kirchenkreises … konkretisierte das Presbyterium mit Beschluss vom 25. Februar 1997 die Begründung des Abberufungsantrags. Am 2. August 1997 stimmte der Kreissynodalvorstand dem Abberufungsantrag zu und legte den Vorgang dem Landeskirchenamt vor, bei dem Abberufungsantrag, Kreissynodalvorstandsstellungnahme und weitere Vorgänge am 12. September 1997 eingingen. In seiner Sitzung vom 6. Januar 1998 beschloss das Landeskirchenamt:
„Das Abberufungsverfahren gegen Pfarrer R., Evangelische Kirchengemeinde D, 5. Pfarrstelle), Kirchenkreis …, wird eingeleitet (§ 84 Abs. 1 Nr. 1 PfDG).“
Am 22./23. April 1998 folgte der Beschluss der Kirchenleitung:
„Pfarrer R., Inhaber der 5. Pfarrstelle der Evangelischen Kirchengemeinde D., Kirchenkreis …, wird gemäß § 84 Abs. 1 Ziff. 2 PfDG aus seiner Pfarrstelle abberufen.“
Dies wurde dem Kl. mit Schreiben vom 23. April 1998 mitgeteilt, allerdings mit der Angabe: „§ 84 Abs. 2 PfDG“. Die Berichtigung erfolgte mit Schreiben vom 7. Mai 1998.
Zur Begründung der Abberufung heißt es in dem Schreiben vom 23. April 1998:
„Durch Beschluss vom 22./23.04.1998 hat Sie die Kirchenleitung aus der o.a. Pfarrstelle nach § 84 Abs. 2 des Pfarrerdienstgesetzes (PfDG) abberufen. Der Abberufung liegen die Beschlüsse des Presbyteriums der Ev. Kirchengemeinde D. vom 29.08.1996 und 25.02.1997 sowie des Kreissynodalvorstandes des Kirchenkreises … vom 21.08.1997 zugrunde. Entsprechende Anhörungen der Beteiligten haben stattgefunden.
Es liegen bei Ihnen weniger grobe Verstöße und Zuwiderhandlungen vor, sondern die Vielzahl und Dauer der unerfreulichen Ereignisse haben zu einer Zerrüttung des Verhältnisses zwischen dem Presbyterium der Ev. Kirchengemeinde D. sowie Gemeindegliedern und Ihnen geführt. Anhaltspunkte für die Annahme, dass sich die Situation in Zukunft zum Besseren wenden wird, um wieder eine gedeihliche Amtsführung zu ermöglichen, bestehen nicht. Es sind zahlreiche Gespräche mit dem Superintendenten und dem Landeskirchenamt zur Beilegung des Konflikts geführt worden. Andere Mittel und Wege zur Beilegung des Konflikts bestehen nicht.
Das zerrüttete Vertrauensverhältnis vor Ort zeigt sich u.a. durch das Ausscheiden und den Wechsel von Presbyterinnen und Presbytern. Sie haben zu ständigen Konflikten mit ehrenamtlich Mitarbeitenden beigetragen, die bis heute nicht beigelegt werden konnten. Des Weiteren beruht die nicht gedeihliche Amtsführung auf mangelndem Arbeitseinsatz, u.a. Vernachlässigung von Arbeit, verspätetes Erscheinen zu Sitzungen. Durch Ihr persönliches Verhalten bei Diskussionen, Beharrung auf Ihrem Standpunkt, wird der Weg zu Kompromisslösungen unmöglich gemacht. Durch Ihr Verhalten wird eine einmütige Arbeit im Presbyterium verhindert. In einem langen Prozess ist Vertrauen zwischen Ihnen und insbesondere den Mitgliedern des Presbyteriums verloren gegangen. Sie haben wiederholt getroffene Vereinbarungen nicht eingehalten bzw. diese nachträglich in Frage gestellt. Dieses
Verhalten bewirkt die Arbeitsunfähigkeit von Ausschüssen und wirkt sich auch auf die Arbeit mit Ihren Pfarramtskolleginnen und -kollegen aus. Des Weiteren wird Ihnen ein sehr großzügiger bis unkorrekter Umgang mit Gemeindegeldern vorgeworfen.“
Gegen seine Abberufung hat der Kl. mit Schriftsatz vom 22. Mai 1998, bei der Verwaltungskammer eingegangen am 25. Mai 1998, Klage erhoben.
Er hält die Abberufung für nicht gerechtfertigt. Ein Tatbestand, der dem Kl. die gedeihliche Führung seines Pfarramtes unmöglich mache, habe am 29. August 1996 nicht bestanden. Die Verhältnisse an diesem Tag seien maßgebend, weil an diesem Tag das Presbyterium der Kirchengemeinde den Antrag beschlossen habe, den Kl. abzuberufen. Aber auch später sei ein solcher Tatbestand nicht gegeben gewesen.
Seine Gemeinde sei die Gemeinde seiner Pfarrstelle, seines Pfarrbezirks, des Bezirks … Diese stehe voll hinter ihm. Dies ergebe sich aus der Stellungnahme der „Bezirkspresbyter“ im Laufe des Verfahrens und aus der Unruhe, die durch die in Zusammenhang mit der Abberufung ausgesprochene Beurlaubung entstanden sei. Die Gemeinde des Bezirkes 5. wolle ihren Pfarrer behalten. Das derzeitige Unverständnis von Gemeindegliedern des Bezirks 5. mache an der Tatsache fest, dass selbst nach Feststellung der Kirchenleitung grobe Verstöße und Zuwiderhandlungen in einem Jahre zurückliegenden Zeitraum nicht festgestellt werden konnten. Es werde vielmehr nur von einer Vielzahl und Dauer unerfreulicher Ereignisse gesprochen. In Wahrheit gehe es um Missstimmigkeiten, die lange zurücklägen und die darauf zurückzuführen seien, dass Menschen unterschiedlichen Naturells, verschiedenen Charakters, oftmals gegensätzlicher Ideologien miteinander arbeiten müssten. Es gäbe in unserer Kirche so gut wie keine homogenen Presbyterien mehr. Differenzen ergäben sich allenthalben. Es komme nur darauf an, wie Differenzen durchgehalten würden. Für denjenigen, der der Meinung sei, dass die Bitten des Vater Unsers insbesondere im kirchlichen Raum gelebt werden müssten, bleibe es unverständlich, dass alle dem „Gesamtpresbyterium“ angebotenen Brücken auf dem Weg zueinander nicht begangen worden seien. Es sei enttäuschend, dass die Kirchenleitung und das Landeskirchenamt nicht den Mut oder die Kraft hatten, ein „Gesamtpresbyterium“ zur Ordnung zu rufen, nachdem alle Beteiligten einschließlich des Kl. zwei Jahre lang Zeit hatten, sich einem Lernprozess zu öffnen.
Der Kl. beantragt,
den Beschluss der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche von Westfalen vom 22./23.04.1998 auf Abberufung des Kl. aus der … Pfarrstelle der Evangelischen Kirchengemeinde D., Kirchenkreis …, aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält ein gedeihliches Wirken des Kl. in der Kirchgemeinde D. nicht für möglich. Die Abberufung des Kl. sei unter Beachtung aller maßgebenden Rechtsvorschriften erfolgt. Sie sei auch von der Sache her gerechtfertigt.
Das hier vorliegende Verfahren betreffe nicht wie im Disziplinarverfahren ein bestimmtes Verhalten des Pfarrers. Insbesondere sei es unerheblich, ob und inwieweit der Betroffene durch sein Verhalten zu der Störung beigetragen oder sie gar verschuldet habe. Die Maßnahme der Abberufung diene allein dem Ziel, den Frieden in der Gemeinde wieder herzustellen, sodass sie ihre Aufgabe, durch Wort und Sakrament eine Pflanzstätte evangelischen Glaubens und Lebens und eine Gemeinschaft brüderlicher Liebe zu sein, erfüllen könne.
Die gedeihliche Führung des Pfarramtes verlange von dem Pfarrer selbst, dass er unvoreingenommen und ohne äußeren wie inneren Vorbehalt bereit ist, seinen Auftrag zur Wortverkündung, Seelsorge und Liebestätigkeit gegenüber jedem Gemeindeglied zu erfüllen, und dies durch sein Verhalten bezeugt. Nach Art. 19 Kirchenordnung (KO) habe der Gemeindepfarrer als Diener am Wort und als Hirte der Gemeinde den Auftrag, das Evangelium von Jesus Christus zu verkündigen und die Sakramente zu verwalten. In Gemeinschaft mit den Presbyterinnen und Presbytern liege ihm die Leitung der Gemeinde ob. Er stehe in der geschwisterlichen Gemeinschaft des Presbyteriums, der Amtsgeschwister seiner Gemeinde und seines Kirchenkreises (Art. 23 Abs. 2 KO). Diese Grundsätze habe der Pfarrer nicht nur bei der Seelsorge, der Wortverkündung und der Sakramentsverwaltung, sondern auch bei der Ausübung des ihm übertragenen Amtes insgesamt zu beachten. Insbesondere im Stil seiner Amtsführung und im Verhalten zu den Gemeindegliedern habe er sich der besonderen Verantwortung des Pfarramtes stets bewusst zu sein. Das schließt einen autoritären Umgang mit Gemeindegliedern, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie Amtsgeschwistern aus. Gegen diese Grundsätze habe der Kläger kontinuierlich verstoßen.
Die Grenzen, innerhalb deren eine rechte Ausübung des Dienstes nicht mehr möglich sei, würden dann überschritten, wenn eine nachhaltige, auf andere Weise nicht mehr zu behebende Störung im Verhältnis des Pfarrers zu wesentlichen Teilen der Gemeinde oder zu einer nicht unbeträchtlichen Gruppe der Gemeindeglieder eingetreten sei. Dabei müssten allerdings nicht grobe Verstöße und Zuwiderhandlungen vorliegen, vielmehr könnten Vielzahl und Dauer der unerfreulichen Verhältnisse zu diesem Ergebnis führen. Diese Tatbestände würden im vorliegenden Fall erfüllt. Zwar mache der Kläger geltend, dass zu den Presbytern aus seinem Pfarrbezirk kein getrübtes Verhältnis bestehe, doch zu den anderen Teilen der Gemeinde sei das Verhältnis zerrüttet. Andere Mittel und Wege für eine aussichtsreiche Überwindung des Konfliktes stünden im vorliegenden Fall nicht zur Verfügung.
Im Rahmen der Entscheidung der Abberufung habe die Kirchenleitung eine Prognose hinsichtlich der gedeihlichen Führung abgegeben. Anhaltspunkte, die es möglich erscheinen lassen, dass sich die Situation in der Gemeinde in der Zukunft zum Besseren wendet, seien angesichts der langen Dauer der Probleme und der Anhörung des Presbyteriums nicht vorhanden.
An der Berechtigung der Abberufung einschließlich der negativen Zukunftsprognose ändere auch das Votum der Presbyter aus dem Pfarrbezirk des Kl. nichts. Zwar hätten sie den Beschluss des Presbyteriums vom 29. August 1996 auf Abberufung des Kl. nicht unterstützt. Im Gegenteil hätten sich diese im Rahmen der Anhörung für einen Verbleib von Pfarrer R. in der Kirchengemeinde ausgesprochen, ebenso durch Schreiben vom 17. März 1997. Gemeinde sei jedoch nach der KO nicht die Gemeinde der Pfarrstelle. Zwar könne in größeren Gemeinden das Presbyterium nach Art. 77 Abs. 1 KO die Arbeit nach Gemeindebezirken und Fachbereichen gliedern und zur Wahrnehmung bestimmter Aufgaben Bezirksausschüsse und Fachausschüsse bilden. Diese arbeiteten aber innerhalb der ihnen vom Presbyterium übertragenen Zuständigkeit. Ein Bezirksausschuss ersetze nicht das Presbyterium, sondern die Gemeinde sei als Einheit zu sehen. Missstimmigkeiten dauerten nach den Ermittlungen der Beklagten bis heute an.
Die Verwaltungskammer hat durch ihren Vorsitzenden darüber Beweis erhoben,
ob ein Tatbestand vorliegt, der dem Kl. eine gedeihliche Führung seines Pfarramtes in der 5. Pfarrstelle der Evangelischen Kirchengemeinde D. (Kirchenkreis …) unmöglich macht,
insbesondere, ob das Verhältnis des Kl. zum Presbyterium und zu Gemeindegliedern zerrüttet ist und
Anhaltspunkte für die Annahme vorliegen, dass sich die Situation in Zukunft nicht bessern wird,
im Einzelnen ob
1.1
das Verhalten des Kl. zum Ausscheiden von Presbyterinnen und Presbytern geführt hat,
1.2
ständige Konflikte des Kl. mit ehrenamtlichen Mitarbeitern vorgelegen haben, die bis heute nicht beigelegt werden konnten,
1.3
der Arbeitseinsatz des Kl. mangelhaft war (u.a. Unpünktlichkeit und Aufgabenvernachlässigung),
1.4
durch den Kl. eine einmütige Arbeit im Presbyterium unmöglich gemacht wurde,
1.5
der Kl. Kompromisslösungen verhindert hat,
1.6
der Kl. getroffene Vereinbarungen nicht eingehalten oder nachträglich in Frage gestellt hat,
1.7
der Kl. die Arbeitsunfähigkeit von Ausschüssen bewirkt hat
durch Vernehmung von zwölf Zeugen.
Auf den Inhalt der Niederschriften über die Beweisaufnahmen vom 26., 28. und 30. Juli sowie 16. August 1999 wird Bezug genommen.
Beide Prozessbeteiligte erklärten in der mündlichen Verhandlung am 12. November 1999, dass die zunächst schriftsätzlich (hilfsweise) beantragte Vernehmung weiterer Zeugen in dieser Instanz ihrer Auffassung nach nicht mehr notwendig sei. Im Übrigen haben sie zu dem Ergebnis der Beweisaufnahme Folgendes vorgetragen:
Der Kl. sieht sich in seiner Auffassung bestätigt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen einer Abberufung nicht vorlägen.
Aus der Stellungnahme der vier „Bezirkspresbyter“ vom 17.03.1997 an den KSV und der persönlichen Stellungnahme des Zeugen O. gehe hervor, dass die gedeihliche Führung des Pfarramtes durch Herrn Pfarrer R. mit Sicherheit auch weiterhin möglich sei. Auch das Entstehen und das Engagement des ökumenischen Initiativkreises im Pfarrbezirk .. hätten ebenso wie die Aussage des Zeugen Z. bewiesen, dass der Kl. aus seiner Sicht eine gute, geradezu vorbildliche Gemeindearbeit geleistet habe, die der Evangelischen Kirche Auftrieb verschafft habe. Der Zeuge Z. gehöre zwar nicht zum innersten Kreis der Gemeinde. Ungeachtet dessen habe aber das Urteil eines Mannes, der seit 20 Jahren im Rat der Stadt … tätig sei, Gewicht.
Festzustellen sei lediglich, dass sich heute noch, also drei Jahre nach dem Beschluss vom 29.08.1996 einzelne Zeugen, unter denen der Prozessbevollmächtigte des Kl. die Betreiber des Abberufungsverfahrens vermute, immer noch nicht bereit seien, einen neuen Anfang zu machen, wie es die Bezirkspresbyter und der Zeuge O. seinerzeit wünschten. Sie wollten in ihrem Zerrüttungsbewusstsein verharren.
Die Aussagen einzelner Zeugen seien sehr pauschal, sehr untereinander abgestimmt und mit Aversionen befrachtet. Beispielsweise meine der Zeuge S., den Initiativkreis in H. als eine fragwürdige Gruppe bezeichnen zu dürfen. Konflikte habe der Kl. nie an der Sache, sondern immer an der Person festgemacht, während der Zeuge V. das erklärte, was zutreffend sei, dass hinter den Konflikten mit Personen stets auch Konflikte in der Sache gestanden hätten. Dass sich der Kl. in manchen Konfliktsituationen in seiner burschikosen, kumpelhaften und direkten Art nicht so benahm, wie es von einem gebildeten Menschen erwartet werden muss, sei unstreitig und werde vom Kl. zutiefst bedauert.
Der Kl. bezweifelt die Richtigkeit der Aussage des Zeugen Pfarrer S.:
„Bei seiner Wahl zum Pfarrer hat es ein Gespräch mit Mitarbeitern in H. gegeben in denen die Mitarbeiter sagten, dass sie ihn nicht wollten. Der Konflikt war damals schon begründet. Wir hatten damals aber keinen anderen.“
Gegen diese Aussage spreche der „wahre Tatbestand“. Die 5. Pfarrstelle wurde 198. errichtet. Am 01.04. 1983. trat der Kl. seinen Hilfsdienst an und musste in diesem Gemeindebezirk von Grund auf alles aufbauen. Wenn es die von dem Zeugen S. behauptete Äußerung der Mitarbeiter gegeben hätte, sei es völlig unverständlich, dass das Presbyterium die Stelle überhaupt nicht ausgeschrieben habe, sondern sich ohne eine solche Ausschreibung vorab auf den Kl. einigte und diesen um eine Bewerbung bat.
Dass Pfarrer S. meinte, bis zur Wahl im Jahre 1985 zurückgehen zu müssen, hängt mit dem Missverständnis zusammen, das Abberufungsverlangen des Presbyteriums werde nach dem derzeit geltenden PfDG beurteilt, und zwar in der Hoffnung, dass es genüge, angebliche Zerrüttungstatbestände in detektivischer Kleinarbeit, wie aus der Konkretisierung zum Antrag auf Abberufung am 24.02.1997 hervorgeht, zusammenzutragen. Dieser Ansatzpunkt habe zu der Ausuferung des Verfahrens geführt, sodass sich in Vergangenheitsbewältigung das Gericht auch noch mit dem Zeugen M. befassen musste, der nur bis Februar 1990 im Bauausschuss mit dem Kl. zu tun hatte. Selbst der Fall B. sei erledigt gewesen, wie aus dem Beschluss des Presbyteriums vom 29.02.1996 hervorgehe:
„a)
Herr Pfarrer R. wird sich mit sofortiger Wirkung aus dem Gospelchor an der F.-kirche zurückziehen.
b)
Der Gospelchor wird ab Montag, 11.03.1996, unter der Leitung von Herrn B. in der F.- kirche die Proben wieder aufnehmen.
c)
Herr B. hat die Aufgabe und Pflicht, verbleibende Sänger und Sängerinnen im Gospelchor zu integrieren. Terminabsprachen, Urlaubspläne sind nach wie vor mit dem Bezirkspfarrer abzustimmen. Herr B. und Herr R. verpflichten sich, gemeinsam mit zwei Presbytern und Presbyterinnen ihres Vertrauens Gespräche zu führen. Die Gespräche sollen in der nächsten Woche beginnen.
d)
Das Presbyterium fordert alle Beteiligten auf, auf weitere Stellungnahmen auch in mündlicher Form zu verzichten. Beschluss 9/96 – einstimmig angenommen.“
Dass es nicht zu einer persönlichen Versöhnung zwischen dem Kl. und Herrn B. gekommen sei, habe seine besonderen Gründe. In diesem Zusammenhang sei auch die Presse eingeschaltet worden. Der Kl. sei nach der Presbyteriumssitzung vom 29.02.1996 bereits am nächsten Tag von der D. Presse angerufen worden, es lägen gegen ihn belastende Vorwürfe im Zusammenhang mit dem Gospelchor vor. Am 02.03.1996 erschien dann in einer der D. Zeitungen ein Artikel unter der Überschrift „Presbyterium schützt Lügenpastor“.
Das Einschalten der Presse und damit der Öffentlichkeit, über deren Beteiligung nun so geklagt werde, sei also nicht auf den Kl. zurückzuführen.
Der Kl. erwartete und fordere, dass das Presbyterium sich im eigenen und in seinem Interesse gegen eine solche Presseveröffentlichung wehre. Es sei richtig, dass der Kl. dem Zeugen S. als dem Vorsitzenden des Presbyteriums Vorwürfe machte, als dieser sich weigerte, Stellung zu nehmen. Beschimpfungen, wie vom Zeugen S. behauptet, seien dies nicht gewesen.
Die Beweisaufnahme zu der Frage, ob das Verhalten des Kl. zum Ausscheiden von Presbyterinnen und Presbytern geführt habe, habe nur in einem Fall diese Möglichkeit ergeben. Es müsse jedoch bestritten werden, dass das Ausscheiden von Frau N. im Mai 1992 aus dem Presbyterium noch auf das Verhalten des Kl. zurückzuführen sei. Wer bei einem Zerwürfnis mit seinem Gemeindepfarrer aus einem Presbyterium ausscheidet, ziehe erfahrungsgemäß einen endgültigen Strich. Dieser sei nicht wie Frau N. noch über ein Jahr im Bauausschuss, leite nicht weiterhin einen Handarbeitskreis und helfe im Jahre 1994 oder 1995 nicht bei dem Bau einer Weihnachtskrippe mit. Die Differenzen zwischen der Zeugin N. und dem Kl. hätten sich im Bauausschuss in den Jahren 89/90 aufgetan. Ungeachtet dessen erklärte Frau N. noch in ihrem Brief vom 03.01.1991, dass sie ihren Rücktritt nicht erkläre. „H. (Ort) und die Belange der Gemeinde, in der es noch sehr viel zu tun gibt, liegen mir am Herzen.“ Nach diesem Datum könne nichts festgestellt werden, was den Austritt von Frau N. aus dem Presbyterium im Mai 1992 erklärlich macht.
Dem entspreche auch die Aussage des Zeugen S., der sich eines guten Gedächtnisses berühmte und ausführte, dass er nicht sagen könne, dass die Presbyterin Frau N. neben anderen Presbytern wegen des Kl. ihr Amt niedergelegt habe.
Dass ständige Konflikte des Kl. mit ehrenamtlichen Mitgliedern vorgelegen hätten, die bis heute nicht beigelegt werden konnten, habe sich in der Beweisaufnahme nicht bewahrheitet. Von ständigen Konflikten könne überhaupt keine Rede sein. Es wurde nur von dem Zeugen S. der Presbyter S. erwähnt, der den Antrag gegen den Kl. initiiert hat. Aber selbst der Zeuge S. konnte keine Auseinandersetzung schildern, die er selbst – und hier muss hinzugefügt werden, auch nicht vom Hörensagen – weder in, noch außerhalb des Presbyteriums erlebt hat. Daher bleibt auch bei allen anderen Zeugen nur die Bezugnahme auf den Fall B., also ein Fall.
Bekanntlich gehören zu einem Streit immer zwei. Gehört wurde zu diesem Thema allein Herr B.. Wenn ungeachtet des Beschlusses des Presbyteriums vom 29.02.1996, an den sich der Kl. gehalten habe, die Verwaltungskammer der Auseinandersetzung mit Herrn B. Bedeutung beimessen sollte, möge die Kammer den Kl., dessen Erscheinen zum nächsten Termin angeordnet worden ist, selbst einmal hören. Herr B. sei Zeuge in eigener Sache. Seine Darstellung sei daher nicht dem tatsächlichen Geschehen in einigen Punkten entsprechend.
Darüber habe sich der Kl. mehr als der durch ihn verletzte Streitpartner bemüht, wieder zu einer Aussöhnung zu kommen. Unverständlich ist das Geschehen anlässlich der Chorprobe am 8. Januar 1996, als der Kl. die durch ihn entstandene Eskalation bedauerte und die durch seine Äußerung Verletzten um Verzeihung bat, aber zurückgewiesen und aufgefordert wurde, die Probe zu verlassen mit der Folge, dass der Chor mit einem größeren Teil der Mitglieder die Kirche verließ, als der Kl. dieser Aufforderung keine Folge leistete.
Ungeachtet dieser Trennung sei es zu einem weiteren Versuch des Kl. gekommen, eine Aussöhnung mit Herrn B. und dem Chor anlässlich des geplanten Konzertes des Gospelchors zugunsten der neuen Orgel herbeizuführen. Für dieses Konzert habe der Kl. Frau M. gewonnen und erreicht, dass sie ohne Honorar singen wollte. Es sei zu einem Telefongespräch zwischen der Sängerin und Herrn B. gekommen, das sich zunächst nur darum gedreht habe, alle mit der Durchführung des Konzerts zusammenhängenden Fragen zu klären. Wenn sich Herr B. gegen Ende des Telefonats noch einfallen ließ darauf hinzuweisen, dass der Kl. Probleme mit dem Chor habe und deshalb nicht mehr mitsänge, sei es nicht gerechtfertigt, den Kl. für die Absage der Sängerin verantwortlich zu machen.
Zu dem Vorwurf, dass der Arbeitseinsatz des Kl. mangelhaft gewesen sei, sei zu bemerken:
Pünktlich zu sein, scheine dem Kl. tatsächlich schwer gefallen zu sein. Eine solche Charaktereigenschaft gebe es aber auch bei unzähligen anderen Menschen. Die Eigenschaft, sich mit Pünktlichkeit schwer zu tun, heißt aber nicht, dass jemand unpünktlich ist. Eine Unpünktlichkeit des Kl. kann aber aus Anlass von Gottesdiensten, Diakonieausschüssen, Musikausschüssen und Bauausschüssen nicht belegt werden. Seine Schwierigkeiten habe der Kl. offenbar mit der Pünktlichkeit anlässlich der Dienstbesprechungen gehabt.
Mit unpünktlichen Zeitgenossen könne man auf unterschiedliche Weise umgehen.
Der Unmut der Zeugen über die Unpünktlichkeit des Kl. resultiere offenbar aus der Wertigkeit des Geschehens in den Dienstbesprechungen. Während für den offenbar größeren Teil der Pfarrerinnen und Pfarrer Dienstgespräche eine „heilige“ Zeit beinhalte, d.h. eine Zeit, in der normalerweise durch Nichts und Niemanden gestört werden dürfe, sah der Kl. die Zeit im Presbyterium als die wertvollere Zeit an, in der auch die ehrenamtlichen Laien mitzuberaten und zu entscheiden hatten. Von daher erkläre sich auch der in der Beweisaufnahme immer wieder zutage tretende Unmut aller Kolleginnen und Kollegen darüber, dass der Kl. die in den Dienstgesprächen abgesprochene und mit Mehrheit entschiedene Lösung im Presbyterium unter Vortrag der unterschiedlichen Meinungen der Pfarrerschaft erneut zur Diskussion stellte.
Die Beweisaufnahme habe auch keine Aufgabenvernachlässigung feststellen können. Richtig sei, dass der Kl. den kleinsten Pfarrbezirk gehabt habe und insoweit weniger Taufen, weniger Konfirmanden, weniger Trauungen und weniger Beerdigungen hatte als andere. Er habe sich aber dadurch nicht auf die faule Haut gelegt, sondern sich nach Unterrichtung des Presbyteriums zum Familientherapeuten ausbilden lassen und „auch sonst alle Möglichkeiten der Fortbildung für Pfarrer genutzt“, was geradezu als Vorwurf erhoben werde, während es in Wahrheit dem entspricht, was die Kirchenleitung fordere.
Gepredigt habe der Kl. nicht mehr und nicht weniger als seine Amtskollegen, wie die notfalls beizuziehenden Predigtpläne von Januar 1994 bis Oktober 1996 ergeben.
Jahresstatistik 1994:
Theologe 1
45
Theologe 2
34
Theologe 3
45
Kläger
42
Theologe 4
17
Theologe 5 (ab 10/94)
6
Sonstige
2
Der Januar 1994 konnte nicht berücksichtigt werden, weil die Gottesdienste dort ohne Prediger angegeben wurden (Unklarheiten zur Zeit der Drucklegung wegen der Abberufung von Pfarrer Ö.).
Jahresstatistik 1995:
Theologe 1
37
Theologe 2
30
Theologe 3
39
Theologe 6 (ab 3/95)
34
Kläger
35
Theologe 4
11
Theologe 5 (ab 10/94)
27
Sonstige
3
Zum Verhalten des Kl. im Presbyterium sei zumindest grundsätzlich anzumerken, dass der Kl. für die Entscheidungsfindung nicht die Dienstgespräche der Theologen untereinander, sondern das Presbyterium ansah. Hierher möge die Frage der Einstellung des Gottesdienstes in der …kirche gehören.
Der Strukturausschuss habe gegen den Widerspruch des Kl. die Einstellung des Gottesdienstes in der F. kirche vorgeschlagen. Dieser Beschlussvorschlag sei auch als Tagesordnungspunkt in die Presbytersitzung gekommen. Als Presbyter des 5. Bezirks, die dem Strukturausschuss nicht angehörten, diesen Beschlussvorschlag zur Kenntnis bekamen, hätten sie eine Unterschriftenaktion veranstaltet, die die Forderung enthielt, es bei Gottesdiensten in der …kirche zu belassen. In der nachfolgenden Presbyteriumssitzung sei dann beschlossen worden, den Gottesdienst in der F.kirche zunächst für drei Monate einzustellen, ihn dann aber wieder einmal im Monat aufzunehmen. An diesem Presbyteriumsbeschluss wie an alle anderen Presbyteriumsbeschlüsse habe sich der Kl. stets gehalten.
Die Behauptung, der Kl. habe Sitzungen immer dann verlassen, wenn der Verlauf der Sitzungen seiner Meinung nicht entspreche, sei leichtfertig erhoben worden. Fest stehe nur, wie der Zeuge S. bestätigen musste, dass der Kl. einmal, und zwar etwa 1987/88 die Presbyteriumssitzung Türen schlagend verlassen hat. Nicht gesagt wurde, dass der Kl. nur den Sitzungssaal verlassen habe, aber nach Beruhigung durch eine Presbyterin zurückgekehrt sei und an der Sitzung weiter teilgenommen habe. Es habe sich damals um die Frage der Art und Weise der Einstellung einer Küsterin gehandelt.
Fest stehe auch, dass der Kl. ebenfalls nur einmal im Jahr 1996 die Strukturausschusssitzung verließ. Wie in allen Fällen werde nur die Endreaktion des Kl. mitgeteilt, aber nie gesagt, weshalb es zu einer solchen Reaktion gekommen sei. Anlass war die Neukonstituierung des Strukturausschusses. In einer vorhergehenden Dienstbesprechung hatte der Kl. seine Bedenken gegen die Wiedereinsetzung des Presbyters V. als Vorsitzender des Strukturausschusses geäußert. Als Kompromissformel habe man sich darauf geeinigt, Herrn V. zum Vorsitzenden zu wählen, aber die Protokollführung allenthalben wechseln zu lassen, die bisher der Presbyter E. inne hatte.
Als in der konstituierenden Sitzung Herr V. auch mit der Stimme des Kl. zum Vorsitzenden gewählt worden war, hielt sich Pfarrer S. nicht mehr an die im Strukturausschuss gefundene Kompromisslösung des Wechsels in der Protokollführung, sondern schlug Herrn E. als erneuten ständigen Protokollführer vor, was dann zum Verlassen dieser einen Strukturausschusssitzung führte.
Die Arbeitsunfähigkeit von Ausschüssen könne er als Einzelner gar nicht bewirken, da jedem Ausschuss, auch einem Strukturausschuss, nur ein Pfarrer angehören muss. Da der Kl. kraft Amtes keinen Anspruch auf die Mitwirkung in einem Ausschuss mit Ausnahme des Presbyteriums habe, könne er die Arbeitsunfähigkeit eines Ausschusses gar nicht bewirkt haben.
Der Vorfall mit dem Laptop sei hochgespielt. Auch in diesem Punkt müsse bemängelt werden, dass nur die Endreaktion des Kl. mitgeteilt werde, aber nicht, was dem vorhergegangen war. Der Kl., der sich von allen Presbyteriumsmitgliedern am besten mit dem Laptop und allen anderen technischen Geräten auskannte, habe sich bereit erklärt, mithilfe seines Laptops die Presbyteriumssitzungen und andere zu protokollieren. In einer dieser Sitzungen sei er von dem Zeugen E. angefahren worden, er verfälsche das Protokoll. Als dieser Vorwurf von dem Vorsitzenden des Presbyteriums, dem Zeugen S., nicht gerügt wurde, habe der Kl. sein Laptop zugeklappt und sich auf den freien Platz neben dem Mitglied des Presbyteriums ohne Stimmrecht, Herrn B., gesetzt und die weitere Protokollierung der Zeugin T. überlassen.
Die Beweisaufnahme habe auch nicht ergeben, dass der Kl. Kompromisslösungen behindert, getroffene Vereinbarungen nicht eingehalten oder nachträglich in Frage gestellt habe. Richtig sei lediglich, dass der Kl. bei „Mehrheitsentscheidungen“ anlässlich von Dienstgesprächen und in Ausschüssen seine Mindermeinung im Presbyterium nicht zurückgehalten sondern versucht habe, diese Mindermeinung im von der Kirchenordnung vorgesehenen Beschlussgremium zum Durchbruch zu verhelfen. Wenn die Entscheidung im Presbyterium aber gefallen war, habe sich der Kl. an diese Entscheidung des Presbyteriums stets gehalten.
Es sei nicht richtig, dass der Kl. kurz und knapp eine vorgeschlagene Kompromisslösung abgelehnt habe, wie der Zeuge W. behauptet, ohne sagen zu können, welche Kompromisslösung es denn gegeben habe. Sieht man die Zeugenaussagen auf der Suche nach einem Kompromissvorschlag durch, fällt eine kaum zu erklärende Gedächtnisschwäche der Zeugen auf. Dem Zeugen S. ist nur der Wegfall der Kindergottesdienste in Erinnerung geblieben, der Zeugin E. der Umgang des Kl. mit Menschen. In Wahrheit wurden alle empfundenen Beschwernisse vergangener Jahre hervorgeholt, Vorfälle, die längst erledigt waren, wie z.B. die Differenzen mit Herrn W. im Jugendausschuss über die Verteilung öffentlicher Gelder auf die einzelnen Pfarrbezirke. Die Art des so genannten Lammersgesprächs habe bei dem Kl. den Eindruck geweckt, vor einem Tribunal zu stehen und zu Kreuze kriechen zu sollen, wie es die Zeugin E. ausgedrückt habe.
Nach Auffassung der Bekl. habe die Beweisaufnahme durch den Vorsitzenden der Kammer bestätigt, dass das Verhalten des Kl.
  • zum Ausscheiden von Presbyterinnen und Presbytern geführt habe,
  • zu ständigen Konflikten des Kl. mit ehrenamtlichen Mitarbeitern geführt habe, die bis heute nicht hätten beigelegt werden können,
  • sich in mangelhaftem Arbeitseinsatz niedergeschlagen habe,
  • keine Kompromisslösungen möglich gemacht habe,
  • sich in der Nichteinhaltung oder nachträglichen Infragestellung von Vereinbarungen dokumentiert habe,
  • die Arbeitsfähigkeit von Ausschüssen erheblich erschwert habe.
Die Verwaltungskammer hat ferner die Prozessakten der Verwaltungskammer in den Verfahren des Kl. VK 8/98, VK 10/98, VK 11/98, VK 13/98 sowie VK 14/98 beigezogen. Dabei handelt es sich um Verfahren, die die Anordnung der Beurlaubung des Kl. durch die Bekl. und deren sofortige Vollziehung betreffen und die deshalb mit dem Hauptsacheverfahren wegen Abberufung in Zusammenhang stehen. Es handelt sich zunächst um einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (Az. VK 8/98), der durch rechtskräftigen Beschluss des Vorsitzenden vom 16. Juni 1998 abgelehnt worden ist. Die Verfahren 10 und 11/98 betreffen den Beurlaubungsbeschluss der Bekl. vom 5. Mai 1998 samt sofortiger Vollziehung und haben sich durch Aufhebung des Beschlusses in der Hauptsache erledigt. Die Verfahren VK 13 und 14/98 betreffen die erneute Anordnung der Beurlaubung und deren sofortige Vollziehung durch die Bekl. Die in dem Verfahren 14/98 begehrte Aufhebung der sofortigen Vollziehung wurde durch Beschluss des Vorsitzenden vom 20. April 1999 rechtskräftig abgelehnt. Den Rechtsstreit wegen der Beurlaubung des Kl. (Verfahren VK 13/98) haben die Prozessbeteiligten am 29. Juni 1999 übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt, nachdem die Bekl. erklärt hat, dass die Beurlaubung durch die Erteilung eines pfarramtlichen Beschäftigungsauftrags für den Kl. aufgehoben ist.
Schließlich hat die Verwaltungskammer die den Streitfall betreffenden Kirchenverwaltungsakten beigezogen.
Wegen der Einzelheiten des Streitfalls wird auf den Inhalt der vorgenannten Akten und der in diesem Verfahren eingereichten Schriftsätze der Verfahrensbeteiligten Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.
Maßgebende Rechtsgrundlage für den von der Bekl. erlassenen und vom Kl. mit der Klage angefochtenen Bescheid ist nicht, wie in dem Abberufungsbeschluss und dem Bescheid vom 23. April 1998 in der Fassung des Schreibens vom 7. Mai 1998 angegeben, § 84 Abs. 1 Ziff. 2 PfDG vom 15. Juni 1996 – KABl. 1996, 269 – (PfDG neu), sondern § 49 Abs. 1 Buchst. b PfDG in der bis 31. Dezember 1996 geltenden Fassung (PfDG alt), weil das neue PfDG gem. § 11 Abs. 2 des Ausführungsgesetzes zum PfDG vom 14. November 1996 (KABl. 1996, 291) nur auf solche Abberufungsverfahren anzuwenden ist, die nach dem 31. Dezember 1996 eingeleitet worden sind. Unter Einleitung im Sinne der oben zitierten Übergangsvorschriften kann nur der Beginn des in den §§ 49 ff. PfDG geregelten Abberufungsverfahrens verstanden werden. Am Beginn dieses Verfahrens steht nach § 50 PfDG alter Fassung ein Antrag des Leitungsorgans der Anstellungsköperschaft oder des Kreissynodalvorstandes. Diesen Antrag hat das Presbyterium der Kirchengemeinde D. noch im Jahr 1996 gestellt. Das Verfahren zur Abberufung des Kl. ist nicht erst mit dem Beschluss des Landeskirchenamtes vom 6. Januar 1997 eingeleitet worden, denn das PfDG in der bis 31. Dezember 1996 geltenden Fassung sieht einen Beschluss des Landeskirchenamtes über die Einleitung eines Abberufungsverfahrens nicht vor.
Unter Berücksichtigung dieser rechtlichen Ausgangsnorm ist die Abberufung des Kl. durch die Bekl. rechtmäßig.
Dass die Bekl. in ihrer Entschließung von dem noch nicht anwendbaren § 84 Abs. 1 Nr. 2 PfDG neu ausgegangen ist und nicht von dem noch anzuwendenden § 49 Abs. 1 Buchst. b PfDG alt, beeinträchtigt die Rechtmäßigkeit der Anordnung der Abberufung nicht, da beide Bestimmungen inhaltlich übereinstimmen. Dies ergibt sich aus ihrem Wortlaut, der nur in der Formulierung, nicht aber im Inhalt abweicht.
§ 49 Abs. 1 Buchst. b PfDG alt lautet:
„(1)
Ein Pfarrer kann über die sonst kirchengesetzlich geregelten Fälle hinaus im Interesse des Dienstes aus seiner Pfarrstelle abberufen werden, wenn …
b)
ein Tatbestand vorliegt, der dem Pfarrer die gedeihliche Führung seines Pfarramtes unmöglich macht …“
§ 84 Abs. 1 Nr. 2 PfDG neu lautet:
„(1)
Pfarrerinnen und Pfarrer können im Interesse des Dienstes aus ihrer Pfarrstelle abberufen werden, …
2.
wenn ein gedeihliches Wirken in der Pfarrstelle nicht mehr gewährleistet erscheint …“
Die Kammer kann keinen Unterschied darin erkennen, ob als Voraussetzung für eine Abberufung „ein Tatbestand vorliegt, der dem Pfarrer die gedeihliche Führung seines Pfarramtes unmöglich macht,“ oder „ein gedeihliches Wirken in der Pfarrstelle nicht mehr gewährleistet erscheint.“ Darüber hinaus ist in beiden Gesetzesvorschriften bei Vorliegen der genannten Gründe gleichermaßen die Abberufungsentscheidung sodann durch die Formulierung „kann“ als Ermessensentscheidung ausgestaltet.
Die Kirchenleitung war für die Abberufung zuständig. Ihre Zuständigkeit ergibt sich aus § 50 Abs. 1 PfDG alt. Sie hat auf Antrag des Presbyteriums der Gemeinde, also auf Antrag des Leitungsorgans der Anstellungskörperschaft (§ 50 Abs. 1 PfDG alt) über die Abberufung beschlossen. Der Kreissynodalvorstand hat der Abberufung zugestimmt (§ 50 Abs. 2 Satz 2 PfDG alt i.V.m. § 7 des damaligen westfälischen Ausführungsgesetzes zum PfDG). Auch sonst liegen keine Verstöße gegen Form und Verfahren der Abberufung vor.
Die Bekl. ist bei der Abberufung des Kl. im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die vorliegenden Verhältnisse dem Kl. die gedeihliche Führung seines Pfarramtes unmöglich machen. Die insoweit uneingeschränkt mögliche gerichtliche Überprüfung (Urteil der Verwaltungskammer vom 6. Mai 1989 – VK 2/1988 –, Rechtsprechungsbeilage zum Amtsblatt der Evangelischen Kirche in Deutschland – ABl. EKD – 1991, 13 unter Bezugnahme auf das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs der Evangelischen Kirche der Union vom 27. Februar 1984 – VGH 48/83 –, Rechtsprechungsbeilage zum ABl. EKD 1985, S. 8) hat ergeben, dass die Annahme der Unmöglichkeit nicht gedeihlicher Amtsführung durch die Bekl. rechtlich nicht zu beanstanden ist.
Die Abberufung wegen Unmöglichkeit gedeihlicher Amtsführung ist eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass ein Pfarrer der Evangelischen Kirche von Westfalen unversetzbar ist. Voraussetzung ist, dass der Kl. als mit der Ordination in besonderer Weise zum Dienst an Wort und Sakrament Berufener und mit der Übertragung eines konkreten Pfarramtes mit dem praktischen Dienst in der Gemeinschaft dieser Gemeinde Beauftragter seine Aufgaben nur in vertrauensvollem Zusammenwirken mit den Gemeindegliedern, insbesondere den Mitgliedern des Presbyteriums einschließlich der in der Gemeinde tätigen Amtsbrüder sowie den haupt- und nebenberuflichen Mitarbeitern und den ehrenamtlich Tätigen, nicht erfüllen kann. Eine Abberufung ist dann gerechtfertigt, wenn es dem Kl. nicht mehr möglich ist, der besonderen Verantwortung des Pfarramtes in dieser Gemeinde gerecht zu werden und in brüderlicher Gemeinschaft in gemeinsamer Verantwortung das Beste der Gemeinde zu suchen.
Es ist nicht notwendig, Pflichtwidrigkeiten des Kl. festzustellen, denn eine Abberufung hat keinen disziplinarischen Charakter. Unerheblich ist, wer die Störung des Gemeindelebens zu verantworten oder gar verschuldet hat. Erheblich ist nur die Feststellung, dass objektiv eine solche Störung des Lebens in der Gemeinde vorliegt, dass dem Kl. eine gedeihliche Amtsausübung nicht mehr möglich ist.
Die Kammer geht davon aus, dass der Kl. sein Ordinationsgelübde ernst nimmt und in der Gemeinde auch Positives bewirkt hat. Das Eintreten von Gemeindegliedern für ihn zeigt, dass der Kl. bei ihnen anerkannt ist. Das gilt insbesondere für Gemeindeglieder des … Pfarrbezirks, der dem Kl. zugeordnet ist, wie dies der Zeuge Z., der Vorsitzender des ökumenischen Initiativkreises ist, stellvertretend bekundet hat. Die Kammer hat gleichwohl keine Beweise darüber erhoben, wie groß der Teil der Gemeindeglieder ist, die ein Vertrauensverhältnis zum Kl. hatten. Denn auch dann, wenn ein sehr großer Teil der Gemeindeglieder aufseiten des Kl. stehen sollte, ist eine Abberufung nicht ausgeschlossen. Es genügt vielmehr, dass sich in der Gemeinde Gegensätze zeigen, die die erforderliche vertrauensvolle Zusammenarbeit mit einem beachtlichen Teil der Gemeindeglieder als nicht mehr möglich erscheinen lassen.
Die Tatsachenüberprüfung in diesem Verfahren lässt an der Richtigkeit der Feststellung in dem hier maßgebenden Zeitpunkt des Abberufungsbeschlusses keinen Zweifel, dass dem Kl. eine gedeihliche Amtsführung bezogen auf die gesamte Gemeinde … nicht mehr möglich war. Entgegen der Auffassung des Kl. ist die Frage der Unmöglichkeit gedeihlicher Führung des Pfarramtes nicht auf die Verhältnisse in dem der … Pfarrstelle zugeordneten Gemeindebezirk zu beschränken. Der Kl. hat sein Pfarramt in der Gemeinde D. wahrzunehmen, in der der Bezirk 5 nur ein Gemeindeteil ist.
Zwar hätte keine Einzelfeststellung alleine die gedeihliche Amtsführung in Frage stellen können. Es haben sich auch nicht alle Einzelfeststellungen im Abberufungsbescheid als zutreffend erwiesen. Die verbleibenden wesentlichen Tatsachen, auf denen die Abberufung beruht, haben sich jedoch in diesem Verfahren bestätigt. Aus diesen Tatsachen ist in der Gesamtbeurteilung abzuleiten, dass die notwendige Dienstgemeinschaft des Kl. mit den Presbytern, den anderen in der Gemeinde tätigen Pfarrerinnen und Pfarrern, den hauptamtlichen und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern so gestört war, dass von der Möglichkeit gedeihlicher Führung des Pfarramtes durch den Kl. nicht mehr die Rede sein konnte. Darüber hinaus hat dieser Konflikt auch in die Gemeinde hineingewirkt.
Entgegen der Auffassung des Kl. ist es auch nicht nur eine kleine Minderheit, von der die Frontstellung gegen ihn ausgegangen ist. Es sind auch nicht nur vereinzelte Vorkommnisse, die nicht verallgemeinert werden dürften. In einer langen Kette, die auch zeitlich weit zurückreicht, haben sich Entwicklungen ergeben, die bei einer Vielzahl von den in der Dienstgemeinschaft Geforderten zu der nunmehr festzustellenden Konfrontation geführt haben.
Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass Stil und Verhalten des Kl. von Amtsbrüdern, Presbytern, haupt- und nebenamtlich sowie ehrenamtlichen Mitarbeitern als so belastend empfunden wurden, dass sie dies als nicht mehr hinnehmbar betrachteten. Dies führte zum Ausscheiden des Mitglieds des Bauausschusses M. aus dem Ausschuss (1990), der Presbyterin N. aus dem Presbyterium (1992), zur Verweigerung erneuter Kandidatur der früheren Presbyterin G. zum Ausscheiden des Kirchenmusikers B. (1996), zur Trennung des Chors im Bezirk 5 (1996), zu erheblichen Problemen in der Dienstgemeinschaft der 5 Pfarrer der Gemeinde, insbesondere bezüglich der Dienstbesprechungen, in den Sitzungen des Presbyteriums und der Ausschüsse sowie zu mangelnder Besuchstätigkeit in der Gemeinde.
Der Zeuge M. hat eindrücklich und überzeugend geschildert, welche Situation ihn zum Ausscheiden aus dem Bauausschuss für die Planung des Gemeindezentrums H. veranlasst hat, nämlich die Situation, die durch erhebliche Differenzen zwischen Ausschussmitgliedern und dem Kl. als Ausschussvorsitzenden gekennzeichnet war. Seine Aussage wird durch die Zeugin N. bestätigt, die damals ebenfalls Bauausschussmitglied war.
Sie gehörte damals auch dem Presbyterium an, aus dem sie 1992 ausschied. In ihrer Aussage werden kaum erträgliche Gegensätze zwischen ihr und dem Kl. deutlich, die durchweg im Verhalten des Kl. ihren Grund hatten. Wenn der Kl. daraus, dass die Zeugin danach noch weiter einen Handarbeitskreis geleitet und beim Bau einer Weihnachtskrippe geholfen habe, ableiten will, dass der Austritt der Zeugin aus dem Presbyterium 1992 nicht im Verhalten des Kl. seinen Grund hatte, vermag dem die Kammer nicht zu folgen. Anders als der Kl. kann die Kammer darin keinen Gegensatz sehen, zumal es sich beim Handarbeitskreis und der Initiative zum Weihnachtskrippenbau um vom Kl. nicht geleitete Gruppen handelte, deren Letztere zudem wieder zu erheblichen Auseinandersetzungen mit dem Kl. geführt hat.
Darüber hinaus hat sich ergeben, dass zumindestens eine frühere Presbyterin, Frau G., wegen des Verhaltens des Kl. nach Ablauf ihrer Amtszeit nicht erneut für das Presbyterium kandidiert hat, wie es sich aus der Aussage des Zeugen S. ergibt.
Beispielhaft für die Problematik der Zusammenarbeit zwischen dem Kl. und anderen Mitarbeitern sind die Vorgänge, die 1996 zum Ausscheiden des Kirchenmusikers B. und zur Chortrennung geführt haben. Der Zeuge B. hat diese Vorgänge sehr intensiv geschildert, Vorgänge, die deutlich werden lassen, wie der Kl. sich weigerte, Entscheidungen der Chorgemeinschaft zu akzeptieren und versuchte, seinen Willen durchzusetzen. Dabei verschärfte er die Situation durch lautstarke beleidigende Äußerungen in Bezug auf die Chormehrheit und den Zeugen als Chorleiter und ließ sich selbst durch Kirchenaustrittsdrohungen von Kirchenmitgliedern nicht beeindrucken. Die Kammer sieht keinen Anhaltspunkt für Zweifel an dieser Aussage, zumal andere Zeugen (W., O., E., T., L.) mehrfach die eskalierte Situation bestätigt haben und auch der Kl. den Auszug des Chors aus seinem Gemeindebezirk nicht bestreiten konnte. Es ging bis zur Entgleisung des Kl. gegenüber dem Zeugen B.: „Du bist für mich ein Hampelmann, ein Quasselkasper.“ (Zeugen V. und B.).
Die Aussagen der anderen in der Gemeinde D. tätigen Pfarrerinnen und Pfarrer T., S., S. und E. zeigen eine im Laufe der Jahre anwachsende Konfliktlage, die auch die Dienstgemeinschaft der Pfarrerinnen und Pfarrer in Frage gestellt hat. Dies dokumentiert sich insbesondere in dem Rücksichtslosigkeit ausstrahlenden ständigen Zuspätkommen zu Dienstbesprechungen (regelmäßig 15-20 Minuten), danach dem Verlangen nach erneuter Besprechung bereits abgehandelter Punkte und trotz gemeinsamer Beratung in der Pfarrerrunde Herausstellen seiner abweichenden Meinungen im Presbyterium. Die Zeugin T. hat unwidersprochen bekundet, dass der Kl. selbst erklärt habe, dass er in diese Runde ungern komme. Auch hier wird die mangelnde Bereitschaft des Kl. zur Teamarbeit und zum Zurückstellen der eigenen Person erkennbar. Vorfälle im Presbyterium, wie sie von den Zeugen T., S., V., W., S. und E. geschildert werden, lassen erkennen, wie wenig der Kl. bereit war, die Meinungen anderer zu akzeptieren, wenn sie sich nicht mit seiner Auffassung deckten. Er betonte wiederholt (z.B. in der Kindergottesdienstfrage, der Silberhochzeit der Zeugin N., in Blick auf den Chor) seine eigene Kompetenz, seine Entscheidungsmacht. Der Zeuge S. schilderte die Vorgehensweise des Kl. prägnant als „Bolschewisierung der Meinungsbildung“ durch den Kl., d.h. Durchsetzen seiner Minderheitsmeinung gegenüber der Auffassung der Mehrheit. Ähnliches ergibt sich aus der Aussage der Zeugin E., besonders aus der Schilderung der Auseinandersetzung des Kl. mit dem Zeugen W. im Presbyterium (Machtfrage!).
Dies zeigte sich noch stärker in der Ausschussarbeit, in der sein Verhalten – wie der Zeuge S. bekundet hat – zur Verzögerung und Verschleppung der Behandlung von bestimmten Angelegenheiten führte, oder – wie es die Zeugin E. bekundet hat – zur Behinderung der Ausschussarbeit führte, die soweit ging, dass er eine Sitzung verließ, als das Ergebnis nicht so war wie er es sich vorstellte (ebenso die Zeugen V. und S.).
Sehr belastend ist auch sein Verhalten gegenüber einem Kreis von Gemeindegliedern, die in ehrenamtlicher Arbeit eine Weihnachtskrippe für die Kirche gebastelt hatten. Aus den Zeugenaussagen O., N. und S. ergibt sich, dass der Kl. die probeweise im Gemeindehaus aufgestellte Krippe an sich nahm und erst nach energischem Insistieren und 2 1/2-stündiger Diskussion zwischen dem Kl. und diesem Bastelkreis über das Verschwinden der Krippe und den vom Kl. angesprochenen Pressetermin des Krippen-Kreises ohne den Kl. wieder herausgab. Der Kl. entschuldigte sich zwar am Ende der Diskussion. Aus der Angabe des Zeugen O., dass trotz der Entschuldigung 2/3 der Gemeindeglieder, die an der Krippe mitgearbeitet haben, danach nicht mehr zur Kirche kamen, schließt die Kammer, dass das Verhalten des Kl. in dieser Angelegenheit so verletzend war, dass auch seine Entschuldigung die Situation nicht mehr bereinigen konnte.
Hinsichtlich seiner Pflichterfüllung gegenüber Gemeindegliedern ergab sich mangelnder Hausbesuch trotz mehrfachen Anmahnens, wie dies die Zeuginnen T. und E. sowie die Zeugen S., S. und O. bekundet haben und nach der Bekundung der Zeugin E. und des Zeugen O. mangelnde Vor- und Nachbereitung von Gemeindefesten, ebenso sein Anliegen, von der Betreuung der Konfirmanden des Förderschulinternats in seinem Bezirk freigestellt zu werden, obwohl sein Pfarrbezirk der kleinste war (Aussage des Zeugen L.). Die Kammer lässt es dahinstehen, ob der Kl. verpflichtet gewesen wäre, in der katholischen Grundschule H. pro Woche zwei Stunden evangelische Religion zu unterrichten. Seine Weigerung, diese Aufgabe zunächst anstelle der aus Altersgründen ausscheidenden Frau M. zu übernehmen und zwar mit der Bemerkung „das steht nicht in meinem Vertrag“ (Aussage des Zeugen O.), lässt nach Auffassung der Kammer mangelnde Hilfsbereitschaft des Kl. und die mangelnde Erkenntnis der Bedeutung der Weitergabe der Grundlagen christlichen Glaubens auch und gerade an Kinder deutlich werden. Letztes dokumentierte sich auch in seiner Entscheidung, den Kindergottesdienst einzustellen. Den daraus resultierenden Streit, weil dies weder mit einzelnen Presbytern noch den Amtsbrüdern oder dem Presbyterium beraten worden war, haben die Zeugen V. und S. und die Zeugin T. in ihren Aussagen geschildert.
Über die in seinem Gemeindebezirk lebenden Menschen äußerte er sich missachtend. Über die Mehrheit der Chormitglieder, die mit ihm nicht übereinstimmten, äußerte er sich nach Aussage des Zeugen B.: „Wenn es nach der Mehrheit gehe, müsste man sagen: Esst Scheiße, 10 Millionen Fliegen können nicht irren.“ und „Der Chor ist ein Haufen Scheiße“. In einer Bauausschusssitzung am 12. Februar 1990 sagte er: „Ich brauche kein Gemeindezentrum. Schütten wir die Baugrube zu. Menschen sind mir egal. Übelkeit und Bauchschmerzen verursacht mir H.(Ort). Deshalb halte ich mich von H.(Ort) fern.“ (So die Zeugin N., ähnlich der Zeuge M.). Naturgemäß ergaben sich daraus Frontstellungen, die bis heute nicht beseitigt sind.
In Blick auf die getroffenen Einzelfeststellungen vermag die Kammer der Ansicht des Kl. nicht zu folgen, dass die Aussagen der Zeugen „sehr pauschal, sehr untereinander abgestimmt waren, was vor der Beweisaufnahme geschehen sein soll“. Selbst wenn sich die Zeugen und Zeuginnen vor den Beweisaufnahmeterminen mit dem Gegenstand der Vernehmung gemeinsam befasst haben sollten, wofür der Kl. jedoch keine tatsächlichen Anhaltspunkte vorgetragen und wozu er die Zeugen anlässlich der Beweisaufnahme auch nicht befragt hat, hat die Befragung der Zeugen durch den Kammervorsitzenden zu deutlich differenzierten Aussagen geführt, die der Kammer ein auf einzelnen Fakten beruhendes Urteil ermöglicht hat. Von pauschalen Aussagen, den möglicherweise kein Beweiswert zukäme, kann nicht die Rede sein.
Ihrer Entscheidung nicht zu Grunde gelegt hat die Kammer den ursprünglich erhobenen Vorwurf großzügigen bis unkorrekten Umgangs mit Gemeindegeldern, da der Prozessvertreter der Bekl. im Erörterungstermin am 16. Oktober 1998 nach Erörterung der Sach- und Rechtslage gegenüber dem Vorsitzenden der Verwaltungskammer erklärt hat, dass er diesen Vorwurf nicht mehr aufrecht erhalte, wenn auch bei diesen Fragen mehrfach die Nichtbeachtung vorgeschriebener Entscheidungswege festzustellen ist.
Die Kammer konnte auch nicht feststellen, dass mehrere Presbyter das Verhalten und den Stil des Kl. als so negativ empfunden haben, dass sie aus dem Presbyterium ausschieden. Diese Feststellung konnte nur hinsichtlich der Presbyterin N. getroffen werden, auch wenn es – wie der Zeuge S. bekundet hat – eine relativ starke Fluktuation der Presbyterinnen und Presbyter im 5. Pfarrbezirk gegeben hat.
Entsprechendes gilt für die Möglichkeit, dass mehrere Presbyter nach dem Ablauf ihrer Amtszeit im Blick auf das Verhalten des Kl. nicht mehr kandidierten. Dies hat lediglich der Zeuge S. für Frau G. bestätigt.
Schließlich hat die Kammer ihrer Entscheidung auch nicht eine etwaige mangelnde Predigttätigkeit des Kl. zugrunde gelegt. Der substanziierte Sachvortrag des Kl., verbunden mit dem Antrag, die Predigtpläne beizuziehen, steht den Aussagen von Pfarrerin T. und Pfarrer S. gegenüber. Auch hier hätten weitere Beweise erhoben werden müssen. Die Kammer misst der Abwägung der Zahl der Predigten jedoch keine ausschlaggebende Bedeutung bei.
Die Kirchenleitung ist auch nicht bei der Ausübung des ihr in § 49 Abs. 1 PfDG („kann“) eingeräumten Ermessen fehlerhaft verfahren.
Insbesondere ist das Ergebnis der von ihr im Rahmen der Ausübung des Ermessens anzustellenden Prognose, ob künftig dem Kl. die gedeihliche Führung des Pfarramtes in der Evangelischen Kirchengemeinde D. möglich sein könnte, nicht zu beanstanden. Anhaltspunkte für die Annahme, dass die geschilderte Situation sich in Zukunft zum Besseren wenden könnte, bestanden nicht. Auch die Zeugenvernehmung hat keine Feststellung ergeben, die eine andere positive Beurteilung als möglich erscheinen ließ. Die vorliegenden Veröffentlichungen in der Tagespresse lassen vielmehr auf eine weiter verstärkte Frontenbildung in der Gemeinde schließen.
Es ist auch keine Möglichkeit erkennbar, wie die Situation auf andere Weise als durch Abberufung des Kl. hätte bereinigt werden können. Die Vorstellung des Kl., Kirchenleitung und Landeskirchenamt sollten das Presbyterium zur Ordnung rufen, geht an der Wirklichkeit der presbyterialen Verfassung unserer Kirche vorbei.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 66 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsgesetz (VwGG).