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Kirchengericht:Verwaltungskammer der Evangelischen Kirche von Westfalen
Entscheidungsform:Beschluss (rechtskräftig)
Datum:20.04.1990
Aktenzeichen:VK 4/90
Rechtsgrundlage:VwGO § 80
VwGG §§ 2 Abs. 4, 31
KO Art. 152 Abs. 2
GPfBG
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:Rechtsweg (unzulässig), Einstweilige Anordnung, Amtseinführung
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Leitsatz:

Die Untersagung der Amtseinführung einer Pfarrerin im Wege einer einstweiligen Anordnung ist nicht zulässig, weil durch das geltende kirchliche Recht der Rechtsweg zur Verwaltungskammer nicht eröffnet wurde.

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens, für das keine Gebühren und Auslagen erhoben werden, werden dem Antragsteller auferlegt.

Gründe:

I.

Mit ihrem am 18. April 1990 eingereichten Schriftsatz begehren die Antragstellerinnen (ASt.), die Gemeindeglieder der Antragsgegnerin (AG) sind, den Erlass einer einstweiligen Anordnung dahingehend,
der AG zu untersagen, am Sonntag, dem 22. April 1990, die Amtseinführung von Frau … als neue Pfarrerin der 4. Pfarrstelle vorzunehmen.
In ihren umfangreichen rechtlichen Ausführungen vertreten sie die Ansicht, dass der Rechtsweg zum Kirchengericht gegeben sei und die Voraussetzungen zum Erlass der einstweiligen Anordnung durch den Vorsitzenden der Verwaltungskammer vorliegen würden.
Der Eingang der Antragsschrift und der Wortlaut des Begehrens sind dem Vorsitzenden des Presbyteriums der AG am 19. April 1990 telefonisch mitgeteilt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Antragsschrift und die von den ASt. überreichten Unterlagen (1 Heft) Bezug genommen.

II.

Der Antrag der ASt. ist abzulehnen, weil für das von ihnen geltend gemachte Begehren der Rechtsweg zur Verwaltungskammer nach Art. 152 Abs. 2 der Kirchenordnung (KO) i.d.F des 9. Änderungsgesetzes vom 18. Oktober 1974, KABl. 1974, S. 193, und § 2 des Kirchengesetzes über die Ordnung der Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Evangelischen Kirche von Westfalen, ebenfalls vom 18. Oktober 1974, i.d.F des Änderungsgesetzes vom 11. November 1983, KABl. 1983, S. 214 (VwGG), nicht gegeben ist. Nach der danach maßgebenden Grundnorm ist die Verwaltungskammer als das hier in Betracht kommende Kirchengericht nur zuständig für die Entscheidung von Streitigkeiten aus dem Bereich der kirchlichen Ordnung und Verwaltung in den durch die Kirchenordnung oder durch Kirchengesetze bestimmten Fällen. Aus diesem für die kirchengerichtliche Kompetenz geltenden Enumerationsprinzip folgt zwingend, dass der Rechtsweg zur Verwaltungskammer nur in den ausdrücklich genannten Fällen eröffnet ist. Dies gilt nicht nur für Klagen, sondern auch sowohl für Aussetzungsverfahren nach § 80 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), wie die Verwaltungskammer unter entsprechender Anwendung der staatlichen Regelungen nach § 31 VwGG schon entschieden hat,
vgl. Beschluss vom 19. Januar 1983 – VK 5/1982 –,
als auch für solche nach § 123 VwGO. Es ist zwar richtig, dass, wie die ASt. meinen, die Bestimmung des § 123 VwGO auch für das kirchengerichtliche Verfahren gilt und somit auch der Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt werden kann. Jedoch ergibt sich aus der entsprechenden Anwendung der Vorschriften der VwGO nicht auch eine Erweiterung des sachlichen Zuständigkeitsbereiches der Verwaltungskammer. Vielmehr verbleibt es auch in den Verfahren nach den §§ 80 und 123 VwGO bei der Grundnorm des Art. 152 Abs. 2 KO und § 2 Abs. 1 VwGG.
Unter Berücksichtigung dieser rechtlichen Ausgangslage enthalten weder die Vorschriften der Kirchenordnung, so wie es in Art. 6 Abs. 3, 41 Abs. 2, 82 Abs. 2, 86 Abs. 3, 155 Abs. 2 und 156 Abs. 2 KO geschehen ist, noch das Kirchengesetz über die Besetzung der Gemeindepfarrstellen in der Evangelischen Kirche von Westfalen vom 29. Mai 1953, KABl. 1953, S. 43 (GPfBG), die dafür notwendigen Regelungen über die Eröffnung des Rechtsweges zur Verwaltungskammer. Die vom Landeskirchenamt in seinem Schreiben vom 10. April 1990 vertretene Ansicht, dass seine Entscheidung über die Zurückweisung des Einspruchs gegen die Wahl der Pfarrerin … in die 4. Pfarrstelle durch das Presbyterium der AG am 4. März 1990 vor der Verwaltungskammer nicht angefochten werden kann, ist zutreffend. Dass die von Gemeindegliedern in ihren Einsprüchen vorgetragenen Einwände umfassend geprüft werden und im Übrigen auch Erfolg haben können, beweisen nicht nur das vorgenannte Schreiben vom 10. April 1990, sondern auch die Tatsache, dass die 1. Wahl von Frau … am 5. November 1989 wegen Formfehlers aufgehoben worden ist und deshalb der gesamte Wahlvorgang wiederholt werden musste.
Aber auch § 2 Abs. 4 VwGG eröffnet für die ASt. nicht den Rechtsweg zur Verwaltungskammer. Diese Vorschrift bestimmt:
„(4) Die Gültigkeit von Wahlen zu kirchlichen Organen, die von den Presbyterien, den Vertretungen der Verbände, den Kreissynoden oder der Landessynode auf Grund der Kirchenordnung, eines Kirchengesetzes oder von Satzungen vorgenommen werden, kann bei der Verwaltungskammer angefochten werden. Die Beschwerde muss von mindestens drei Mitgliedern der betreffenden Körperschaft innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Verkündung des Ergebnisses bei der Verwaltungskammer erhoben werden. Diese entscheidet endgültig.
Unabhängig von der Frage, ob auch die Wahl eines Pfarrers bzw. einer Pfarrerin von dieser Vorschrift erfasst wird, wie die ASt. meinen, so scheitert die Anwendung dieser Bestimmung hier schon deshalb, weil die übrigen Voraussetzungen nicht vorliegen. Selbst bei Anwendung dieser Vorschrift wird weder die notwendige Zahl von Antragstellern bzw. Antragstellerinnen noch werden die zeitlichen Erfordernisse für die Eröffnung des kirchengerichtlichen Rechtsweges erfüllt. Nach der für das vorstehende Verfahren maßgebenden Wahl der Pfarrerin … am 4. März 1990 hätte die Wahl nur von mindestens 3 Presbytern bis zum 19. März 1990 angefochten werden können.
Nach alledem ist der Antrag der ASt. mit der Kostenentscheidung nach §§ 29, 31 VwGG und §§ 154 Abs. 1, 159 VwGO abzulehnen.
Die Beteiligten sind über die Entscheidung und deren wesentliche Gründe am 20. April 1990 vorab telefonisch unterrichtet worden.