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Kirchengericht:Verwaltungskammer der Evangelischen Kirche von Westfalen
Entscheidungsform:Urteil (rechtskräftig)
Datum:28.02.1994
Aktenzeichen:VK 1/91
Rechtsgrundlage:VwGO § 54
PfDG §§ 1 Abs. 4 und 57
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:Befangenheit von Richtern, Fürsorgepflicht, Beurteilung, Dienstzeugnis
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Leitsatz:

  1. Zur möglichen Befangenheit von Mitgliedern der Verwaltungskammer.
  2. Aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber Pfarrerinnen und Pfarrern kann kein Anspruch auf Erstellung einer Beurteilung (anstelle eines Dienstzeugnisses) hergeleitet werden.

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens, für das weder Gebühren noch Auslagen erhoben werden.
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Tatbestand:

Der am … geborene Kläger, der seit dem … 1979 im Dienste der Beklagten steht und ab dem … 1983 die Pfarrstelle der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde B. (Kirchenkreis …) bekleidete, wurde mit Wirkung vom 31. Mai 1988 aus dieser Pfarrstelle abberufen. Die dagegen erhobene Klage hat die Verwaltungskammer durch rechtskräftiges Urteil vom 6. März 1989 – VK 2/1988 – abgewiesen. Die Berufung des Klägers zum Verwaltungsgerichtshof der Evangelischen Kirche der Union – Zweiter Senat – VGH 14/88 – hat der Kläger zurückgenommen.
Dem seither im Wartestand befindlichen Kläger hat das Landeskirchenamt gemäß § 27 Abs. 2 des Pfarrerdienstgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Mai 1991, ABl. EKD 1991 S. 237 (PfDG), im Einvernehmen mit dem Direktor der Evangelischen Stiftung … mehrere aneinander anschließende, jeweils auf 6 Monate befristete Beschäftigungsaufträge in der Einrichtung erteilt. Nach der Beendigung der Tätigkeit in … hat das Landeskirchenamt durch Bescheid vom 21. Mai 1991 dem Kläger einen pfarramtlichen Beschäftigungsauftrag zum 1. Juni 1991 im Kirchenkreis … übertragen. Derart befristete Aufträge wurden weiterhin wiederholt erteilt. Zurzeit hat der Kläger noch einen Beschäftigungsauftrag im Kirchenkreis …, und zwar in der Kirchengemeinde … bis zum 31. Mai 1994.
Die mit Schreiben vom 3. und 7. Juni 1991 eingelegte „Beschwerde“ des Klägers mit dem Ziel, eine Beurteilung für die Zeit seiner Beschäftigung bei der Evangelischen Stiftung … zu erfahren, hat das Landeskirchenamt abschlägig beschieden. Den Widerspruch des Klägers hat die Kirchenleitung der Beklagten durch Bescheid vom 17. Oktober 1991 zurückgewiesen.
Mit der am 25. Juli 1991 erhobenen Klage begehrt der Kläger die Verpflichtung der Beklagten, ihm eine Beurteilung über seine Tätigkeit in der Evangelischen Stiftung … in der Zeit vom 1. Juni 1989 bis zum 31. Mai 1991 auszustellen. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, dass Pfarrer D. als Direktor der Stiftung auf seine von Vizepräsident D. gegebene Anregung, ihn direkt anzurufen bzw. zu befragen, erklärt, dass er nicht sein Dienstherr sei und deshalb keine Gründe für die Beendigung des Beschäftigungsauftrages nenne. Es sei zwar richtig, dass das Pfarrerdienstgesetz die Erteilung einer Beurteilung nicht ausdrücklich vorsehe. Jedoch ergebe sich ein Rechtsanspruch für ihn aus der besonderen Fürsorgepflicht der Beklagten. In seiner außergewöhnlichen Situation, in der er sich wegen seiner beruflichen Förderung und seines weiteren Aufbaues als Pfarrer im Wartestand befinde, sei die Beklagte verpflichtet, ihm die Gründe mitzuteilen, die zur Nichtverlängerung der Weiterbeschäftigung in … geführt hätten. Er müsse nicht bereit sein, in seinem Lebenslauf als Pfarrer bereits zum zweiten Mal den nicht näher begründeten und unbegründeten Abbruch eines Beschäftigungsverhältnisses hinzunehmen. Er habe ein erkennbares Interesse daran, dass eine Kontinuität in der Seelsorge gewahrt bleibe.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, eine Beurteilung über die Tätigkeit des Klägers in der Evangelischen Stiftung … für die Zeit vom 1. Juni 1989 bis zum 31. Mai 1991 auszustellen.
Die Beklagte, die dem Vorbringen des Klägers entgegentritt und sich im Wesentlichen auf die Gründe der angefochtenen Bescheide beruft, beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:

  1. Die von dem Kläger erhobene Klage ist zulässig.
    Der bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides bestehende Mangel, dass in Fällen des Zuständigkeitsbereiches der Verwaltungskammer nach § 2 Abs. 2 des Kirchengesetzes über die Ordnung der Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Evangelischen Kirche von Westfalen vom 18. Oktober 1974, KABl. 1974 S. 194, geändert durch Kirchengesetz vom 11. November 1983, KABl. 1983 S. 214 (VwGG) („Streitigkeiten aus öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen zur Kirche“) die Verwaltungskammer nach § 10 Abs. 3 S. 1 VwGG erst angerufen werden kann, nachdem der Betroffene innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung ohne Erfolg Widerspruch eingelegt hat, ist durch den Widerspruchsbescheid der Kirchenleitung vom 17. Oktober 1991 geheilt worden.
    Durch den vom Kläger erneut gestellten Befangenheitsantrag, der sich dieses Mal nicht nur gegen die Mitwirkung der Beisitzerin, Pfarrerin S., sondern auch gegen die von seinem Prozessbevollmächtigten im Schriftsatz vom 18. Februar 1994 genannten Personen richtet, ist die Verwaltungskammer nicht gehindert, über die Klage des Klägers zu entscheiden. In Rechtslehre und Rechtsprechung ist unbestritten anerkannt, dass bei offensichtlich unbegründetem Ablehnungsgesuch das Gericht in alter Besetzung entscheiden kann. Dies gilt besonders dann, wenn feststeht, „dass die Ablehnung nur verschleppen soll oder sonst missbräuchlich ist, oder wenn ein schon abgelehntes Gesuch ohne neue Gründe wiederholt angebracht wird“.
    „Eyermann/Fröhler, Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), Kommentar, 9. Aufl., RdNr. 18 zu § 54 VwGO, mit weiteren Nachweisen.
    Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Abgesehen davon, dass der Kläger Frau Pfarrerin S. ohne Angabe von neuen Gründen ein zweites Mal ablehnt, sind die von ihm angeführten Gesichtspunkte der zeitlichen Verzögerung in der Entscheidung seines Verfahrens allein auf sein Verhalten zurückzuführen. Über seine Klage hätte die Kammer schon in der Sitzung am 21. Mai 1992 entschieden, wenn er damals nicht das erste Ablehnungsgesuch gegen Frau Pfarrerin S. gestellt hätte. Darüber hinaus wäre eine Entscheidung der Verwaltungskammer noch in der alten Besetzung der Kammer vor der Neuwahl der Mitglieder der Kammer durch die Landessynode im November 1992 möglich gewesen, wenn sich der Kläger ebenso wie die Beklagte mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt hätte. Eine Entscheidung nach Aktenlage gemäß § 14 Abs. 1 VwGG hat der Kläger auf Anfrage gerade nicht zugestimmt, wie sich aus seinem Schreiben vom 14. Oktober 1992 unmissverständlich ergibt.
  2. Die Klage ist aber unbegründet.
    Mit seiner Klage möchte der Kläger nicht nur ein einfaches Dienstzeugnis ausgestellt bekommen, in dem ihm bestätigt wird, von wann bis wann er als Pfarrer in welcher Kirche oder Institution der Kirche eingesetzt worden war. Auch möchte er in einem gewissen Gegensatz zu dem Wortlaut seines in der mündlichen Verhandlung erneut gestellten Antrages keine Beurteilung im üblichen Sinne. Vielmehr geht sein Begehren, wie seine Ausführungen in seinen Schreiben und Schriftsätzen des Vorverfahrens und des Klageverfahrens deutlich machen, die Gründe erfahren, die zur Ablehnung eines weiteren Beschäftigungsauftrages und somit zu einer Verlängerung bei der Evangelischen Stiftung … geführt haben.
    Für ein derartiges Begehren des Klägers, wie er es haben will, fehlt die notwendige Rechtsgrundlage.
    Selbst wenn Pfarrer D. als Direktor der Stiftung …, bei der es sich mit ihren vier Einrichtungen (Jugendhilfe, Behinderten-, Pflege- und Männerheim) um eine rechtsfähige evangelische Stiftung des privaten Rechts handelt und durch ihre Einbindung in das Diakonische Werk der Beklagten – Landesverband der Inneren Mission – e.V. und dadurch dem Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland als anerkanntem Spitzenverband der freien Wohlfahrtspflege angeschlossen ist, Vizepräsident D. gesagt haben sollte, dass er die Gründe dem Landeskirchenamt mitgeteilt habe, so kommt dieser Darstellung für das von dem Kläger angestrengte Verfahren keine rechtliche Bedeutung zu. Unabhängig davon, dass nach dem weiteren Vorbringen des Klägers, Vizepräsident D. die Gründe, weshalb die Stiftung der Weiterbeschäftigung des Klägers nicht zugestimmt hat, nicht bekannt gewesen seien, brauchte dieser Widerspruch nicht geklärt zu werden. Selbst wenn das Landeskirchenamt die Gründe gewusst hätte, wäre es aus der dem Kläger als Pfarrer im Wartestand obliegenden Fürsorgepflicht nicht gehalten, ihm die Gründe mitzuteilen. Zwar bestimmt § 1 Abs. 4 PfDG, dass die Kirche dem Pfarrer Schutz und Fürsorge in seinem Dienst und in seiner Stellung als Pfarrer zu gewähren hat. Aus dieser Verpflichtung folgt jedoch nicht, dass darunter auch generell die Bekanntgabe von Äußerungen und Mitteilungen fallen, die andere dem Landeskirchenamt über den Pfarrer abgegeben haben. Vielmehr wird es in diesem Zusammenhang entscheidend darauf ankommen, in welcher Weise der Pfarrer damit in seinen Rechten beeinträchtigt worden ist. Aus der Sicht des Pfarrers und seiner Stellung wird dabei maßgebend sein, was er mit der Bekanntgabe der ihm vorenthaltenen Information bezwecken will.
    Unter Berücksichtigung dieser Ausgangslage lässt sich nicht feststellen, dass die Situation über das rein menschliche, wohl verständliche Interesse des Klägers hinaus, ein bisheriges „Geheimnis“ zu erfahren, mit der Bekanntgabe entscheidend verändert würde. Als Pfarrer im Wartestand war er von Anfang an nicht gehindert, sich nach § 57 Abs. 1 PfDG um die Wiederverwendung in einer freien Pfarrstelle zu bewerben. Selbst wenn die Gründe, die nicht zu einer Verlängerung seines damaligen Beschäftigungsauftrages geführt haben, sehr positiv für den Kläger wären, so kann diese Annahme bei realistischer Betrachtung der tatsächlichen Verhältnisse bei der Frage, ob er dadurch seine Wiederverwendung in einer freien Pfarrstelle maßgeblich hätte beeinflussen können, schon allein wegen des Alters des Klägers nach aller Erfahrung nur eine nachgeordnete Rolle spielen. Denn welche Gemeinde im Bereich der Beklagten ist bereit, einen Pfarrer einzustellen, der nur noch wenige Jahre Dienst versehen kann.
  3. Dass die Beklagte dem nunmehr im 60. Lebensjahr stehenden Kläger nach § 57 Abs. 2 PfDG wiederholt einen Beschäftigungsauftrag im Kirchenkreis … übertragen hat, ist der Beweis dafür, dass sie der ihr obliegenden Fürsorge für den Kläger nachgekommen ist.
Nach alledem ist die Klage mit der Kostenfolge aus § 31 VwGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Gebühren und Auslagen werden für das vorliegende Verfahren nach § 29 Abs. 1 VwGG nicht erhoben.